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SRG-Abstimmungsumfrage Breite Zustimmung zum Filmgesetz gerät ins Wanken

  • Die Zustimmung zum Filmgesetz liegt noch bei 56 Prozent – und damit drei Prozentpunkte tiefer als bei der ersten SRG-Umfrage.
  • Vor allem bei den FDP-Sympathisanten hat die Zustimmung gegenüber der ersten Umfrage deutlich abgenommen.
  • Hält der leichte Nein-Trend an, könnte es am 15. Mai knapp werden für die Vorlage.

Die Zustimmung zum Filmgesetz sinkt. Das zeigt die zweite SRG-Umfrage, welche das Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat. Zwar hätten gemäss der Umfrage in der letzten Aprilwoche noch 56 Prozent der Teilnehmenden ein Ja zum Filmgesetz eingelegt. Das sind aber drei Prozentpunkte weniger als in der ersten Umfrage Mitte März. Rund 41 Prozent sind dagegen – eine Zunahme von 9 Prozentpunkten. Insgesamt hat sich damit der Vorsprung der Befürworter um 12 Prozentpunkte verringert.

Eine deutliche Veränderung zur ersten Umfrage hat bei den Sympathisanten der FDP stattgefunden: Die Zustimmung ist von 49 Prozent auf 38 Prozent gesunken. Neu lehnen 60 Prozent der mit der FDP Sympathisierenden das Gesetz ab. Im Nationalrat hatte die FDP noch klar für die Vorlage gestimmt, dann hat sie aber die Nein-Parole beschlossen. Offenbar hat sich jetzt die Basis an die Parole der Parteispitze angepasst.

Die grösste Zustimmung geniesst die Vorlage nach wie vor bei den Unterstützerinnen und Unterstützern der Grünen und der SP, aber auch der Mitte und der GLP zugewandte Stimmberechtigte sprechen sich weiterhin klar für das Filmgesetz aus.

Mit dem revidierten Filmgesetz sollen in- und ausländische Fernsehsender und Streamingdienste rechtlich gleichgestellt werden. Die Vorlage sieht vor, dass Streamingdienste wie Netflix und ausländische Fernsehsender mit Schweizer Werbefenster   einen Teil ihrer Einnahmen, die sie in der Schweiz erzielen, ins einheimische Filmschaffen investieren müssen. Die Streamingdienste sollten zudem neu verpflichtet werden, zu mindestens 30 Prozent Serien oder Filme zu senden, die in Europa produziert wurden. Gegen das Gesetz haben die Jungparteien von FDP, SVP und GLP das Referendum ergriffen.

Die Argumente beider Seiten greifen nicht

Bei den Argumenten sieht Politikwissenschaftler Lukas Golder von GFS Bern ein Patt. «Es gelingt einerseits der Ja-Seite nicht wirklich aufzuzeigen, was denn die Zusatzfinanzierung genau bringt. Es gibt Zweifel, ob die Programmvielfalt wirklich steigen wird. Andererseits bleibt auch das Argument der Gegner, dass man die Wirtschaftsfreiheit stärken wolle, abstrakt. Es sind also von beiden Seiten nicht wirklich die reissenden Argumente vorhanden.»

Ins Auge stechen zudem die regionalen Unterschiede: Während es in der Deutschschweiz nur noch eine hauchdünne Mehrheit von 51 Prozent für das Filmgesetz gibt, ist die Zustimmung in der französisch- und der italienischsprachigen Schweiz mit 71 respektive 69 Prozent solide. Auch Frauen, über 40-Jährige und höher Gebildete wollen deutlich für das Filmgesetz stimmen.

Mit dem für Behördenvorlagen untypischen Nein-Trend wagt Lukas Golder keine Prognose: «Es gibt nach wie vor leichte Vorteile für ein Nein. Argumentativ ist es aber ein komplettes Patt. Und wir wissen nicht, was mit der Schlussmobilisierung noch geschehen kann. Die Situation ist also offen.»

Datenerhebung und Stichprobengrösse

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Die Umfrage ist im Auftrag der SRG SSR vom Forschungsinstitut GFS Bern zwischen dem 20. und 27. April 2022 durchgeführt worden. Der mittlere Befragungstag war der 24. April 2022. Insgesamt wurden die Antworten von 6315 Stimmberechtigten für die Auswertung berücksichtigt.

Telefonisch befragt wurden 1205 stimmberechtigte Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Interviews wurden per Festnetz und Handy durchgeführt.

Diese Stichprobe ist sprachregional gewichtet und repräsentativ für die Schweizer Stimmberechtigten. Der statistische Fehler beträgt ± 2.8 Prozentpunkte. Bei 1205 Befragten und einem Ergebnis von 50 Prozent liegt der effektive Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 47.2 und 52.8 Prozent. Dabei sind kleinere Abweichungen wahrscheinlicher, grössere unwahrscheinlicher.

Online-Befragung

Zusätzlich wurden mehrere Tausend Personen online befragt. Nach der Bereinigung und Kontrolle der Daten konnten die Angaben von 5110 Stimmberechtigten für die Auswertung verwendet werden. Die Online-Befragung wurde über die Webportale der SRG-Medien realisiert als sogenanntes Opt-in (Mitmachbefragung).

Diese Online-Stichprobenzusammenstellung erfolgte nicht zufällig und die resultierende Stichprobe ist nicht repräsentativ. Es haben beispielsweise weniger ältere Personen als jüngere an der Online-Umfrage teilgenommen und mehr Männer als Frauen.

Deshalb hat das Institut gfs.bern die Antworten gewichtet: Den Verzerrungen in der Stichprobe wurde mittels statistischer Gewichtungsverfahren entgegengewirkt und so die Repräsentativität optimiert.

Die Aufteilung der Befragten insgesamt auf die Sprachregionen ist wie folgt: 4316 in der Deutschschweiz, 1611 in der Romandie und 388 in der italienischsprachigen Schweiz.

Wie wird gefragt?

Die befragten Stimmberechtigten hatten jeweils fünf Antwortmöglichkeiten zur Verfügung: «bestimmt dafür», «eher dafür», «weiss nicht/keine Antwort», «bestimmt dagegen» und «eher dagegen».

Für eine vereinfachte Darstellung im Artikel wurden in den meisten Fällen die Antworten «bestimmt dafür» und «eher dafür» zusammengezählt – entsprechend wurde auch mit den Antworten «bestimmt dagegen» und «eher dagegen» verfahren.

Konkret wurde etwa gefragt: «Ganz unabhängig davon, wie sicher Sie sind, dass Sie an dieser Volksabstimmung teilnehmen werden: Wenn morgen schon über die Vorlage abgestimmt würde, wären Sie dann bestimmt dafür, eher dafür, eher dagegen oder bestimmt dagegen?»

Umfragen sind Momentaufnahmen

Das Forschungsinstitut gfs.bern führte zwei Umfragen zur Abstimmung vom 15. Mai 2022 durch. Die Autoren der Studie betonen, die Ergebnisse seien kein vorweg genommenes Abstimmungsergebnis, sondern eine Momentaufnahme zur Zeit der Befragung. Allerdings sind bei zwei Befragungen Aussagen über Trends möglich.

Detaillierte Informationen zur Befragungsart und den Interpretationen der Ergebnisse finden Sie auf der Website des Instituts gfs.bern .

Abstimmungsdossier

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Legende: SRF

News und Hintergrund zu den Abstimmungen vom 15. Mai 2022.

SRF 4 News, 04.05.2022, 06:00 Uhr

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