Bisher kennen nur einige Grenzkantone einen gesetzlichen Mindestlohn. Nun beschliessen mit Zürich und Winterthur erstmals auch zwei Städte ein Lohnminimum. Das Abstimmungsergebnis war in beiden Städten überraschend deutlich. In Zürich stimmten fast 70 Prozent einem Mindestlohn zu, in Winterthur lag der Ja-Anteil mit 65.5 Prozent etwas tiefer.
Im Winterthur sollen Arbeitnehmende in Zukunft mindestens 23 Franken pro Stunde verdienen. In Zürich liegt das Minimum mit 23.90 Franken pro Stunde höher.
Linke Parteien in Zürich und Winterthur jubeln
Sowohl in Zürich als auch in Winterthur stehen linke Parteien und Gewerkschaften hinter der Idee. Ihr Ziel: Die Armut zu bekämpfen. Vom Mindestlohn sollen jene Personen profitieren, die trotz Vollzeitarbeit kein existenzsicherndes Einkommen haben.
Oliver Heimgartner, Co-Präsident der Stadtzürcher SP, ist hocherfreut: «Es ist ein Riesenerfolg. Dieser Mindestlohn wird 17'000 Menschen in der Stadt Zürich helfen, die heute 20 oder 21 Franken pro Stunde verdienen.»
In Winterthur ist der zuständige Stadtrat Nicolas Galladé (SP) überrascht vom deutlichen Resultat. «Wir nehmen das als Auftrag an und machen uns nun an die Umsetzung», sagt Galladé. Der Winterthurer Stadtrat hatte zuerst einen moderateren Gegenvorschlag zur Mindestlohn-Initiative unterstützt. Als dieser im Parlament scheiterte, sprach sich die Regierung doch für die Initiative «Ein Lohn zum Leben» aus.
KMU-Verband prüft juristische Schritte
Gegen die Einführung eines Mindestlohnes kämpften in Zürich SVP, FDP, GLP und die Mitte. Përparim Avdili, Präsident der Stadtzürcher FDP, ist über das Resultat enttäuscht. Er sei überzeugt, dass Armut auf diese Art nicht bekämpft werde. «Stattdessen wird die Bürokratie aufgebaut.» Ausserdem helfe ein solcher Entscheid sicher nicht, den Wirtschaftsstandort Zürich attraktiver zu machen.
Auch bei der Umsetzung gebe es noch viele offene Fragen, so Avdili. Etwa wie dieser Mindestlohn kontrolliert werden soll. «Hier gibt es noch viel zu diskutieren», sagt auch Desirée Schiess, Präsidentin des Winterthurer KMU-Verbands. Auch rechtliche Fragen müssten noch genau angeschaut werden. «Wir akzeptieren diesen demokratischen Entscheid, überlegen aber auch, ob wir noch juristisch dagegen vorgehen wollen.»