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Der Mindestlohn liegt im Trend, ist aber umstritten
Aus SRF 4 News aktuell vom 02.02.2023. Bild: Keystone/Christian Beutler
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Nach Entscheid in Zürich Liegt der Mindestlohn in der Schweiz im Trend?

In der Stadt Zürich soll künftig ein Mindestlohn gelten. Dafür hat sich das Stadtparlament ausgesprochen. Auch mehrere Kantone kennen einen Mindestlohn.

Worum geht es? Der Zürcher Gemeinderat hat am Mittwochabend Ja gesagt zur Einführung eines Mindestlohns von 23.90 Franken pro Stunde. Das wäre der schweizweit höchste Mindestlohn. Das Stadtparlament hiess den angepassten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben» gut. Das Thema könnte aber noch vors Volk kommen: Die FDP prüft ein Referendum.

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Stadt Zürich: Bald Mindestlohn von knapp 24 Franken
Aus Schweiz aktuell vom 27.01.2023.
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Wer würde profitieren? Der Mindestlohn käme rund 17'000 Menschen in Zürich zugute. Denn sie verdienen mit einem Vollzeitpensum weit weniger als 4000 Franken. Laut dem Hilfswerk Caritas sind es zu zwei Dritteln Frauen, viele sind alleinerziehend und in Tieflohnbranchen wie Reinigung und Gastronomie tätig.

Welche Kantone kennen den Mindestlohn? Der Kanton Neuenburg hat 2017 als erster Kanton den Mindestlohn eingeführt. Weitere Kantone sind Jura, Tessin, Genf und Basel-Stadt.

Wo wurde der Mindestlohn abgelehnt? Beispielsweise die Kantone Bern, St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen haben zu einem kantonalen Mindestlohn Nein gesagt. Im eidgenössischen Parlament ist ein Vorstoss hängig: Dieser fordert, dass kantonale Mindestlohnregelungen verboten werden.

Wie sieht es in Europa aus? Die EU-Regierungen haben sich im Sommer 2022 auf eine Mindestlohnrichtlinie geeinigt. Der Kompromiss beinhaltet etwa Standards, dass gesetzliche Mindestlöhne festgelegt, aktualisiert und durchgesetzt werden sollen. Davon würden europaweit 24 Millionen Beschäftigte profitieren. In Deutschland beispielsweise wurde der Mindestlohn im Oktober um 15 Prozent auf 12 Euro pro Stunde erhöht.

Schadet oder nützt der Mindestlohn? Früher sei die vorherrschende Meinung unter Ökonomen gewesen, dass der Mindestlohn schade. Begründet wurde dies damit, dass Unternehmen, die den Lohn nicht zahlen können, Angestellte entlassen müssten. Das erklärt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Bonanomi. Heute betrachte man das differenzierter. Studien zeigen positive Effekte, beispielsweise des Zentrums der Europäischen Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim: Die Wirtschaft sei durch die Mindestbestimmungen produktiver geworden. Und höhere Löhne würden die Kaufkraft steigern, wovon die Wirtschaft profitiere.

Was sagen Gegenstimmen? Laut dem liberalen Thinktank Avenir Suisse sind Mindestlöhne ein zu starker Eingriff in den Arbeitsmarkt. Working Poor – Menschen, die trotz Arbeit nicht genügend verdienen – sollten besser gezielt mit Sozialhilfe unterstützt werden. Das sei effizienter, als flächendeckend Mindestlöhne einzuführen, erläutert Wirtschaftsredaktor Bonanomi die Argumente. Ein neues Argument ist die Inflation: Wenn die Löhne zu stark steigen würden, könnte dies die Inflation befeuern.

Wo herrscht Einigkeit? Einig seien sich die verschiedenen Parteien darin, dass die richtige Höhe des Mindestlohns wichtig sei, so Bonanomi. «Wenn Mindestlöhne nicht schaden, sondern nützen sollen, dann dürfen sie nicht zu hoch, aber auch nicht zu tief angesetzt werden.»

SRF 4 News, 02.02.2023, 07:03 Uhr;

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96 Kommentare

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  • Kommentar von SRF (SRF)
    Liebe Community, wir bedanken uns für die Kommentare rund um das Thema Mindestlohn. Hiermit schliessen wir die Debatte und wünschen einen schönen Abend. Liebe Grüsse, SRF News
  • Kommentar von Barbara Bühlmann  (Entlebucherin)
    Ich glaube vielen Menschen, vor allem gut Situierten ist es gar nicht bewusst was es bedeutet Sozialhilfe zu beantragen. Alles finanzielle muss man offen legen, das Auto muss man abgeben. In ländlichen Gegenden kann dieser Gang auf die Gemeinde recht demütigend sein und es gibt Gemeinden sogar Kantone die Sozialhilfebezieher*innen das Leben schwer machen um die Kosten tief zu halten. Menschen mit Aufenthaltsbewilligungen droht beim Bezug von Sozialhilfe, dass sie das Land verlassen müssen.
    1. Antwort von harald keller  (pragmatiker)
      Etwas Demut hat noch niemandem geschadet. (Ich plädiere generell für mehr Demut.) Und Aufenthaltsbewilligungen haben die vielleicht nur, weil sie einen Job angenommen haben, dessen Lohn letztendlich nicht zum Leben in der Schweiz reicht. Das tönt jetzt hart, ist aber mit ein Grund, warum überhaupt so tiefe Löhne angeboten werden. Diese Leute sehen nur den Lohn, nicht die Kosten und führen damit zu einem tiefen Lohnniveau.
    2. Antwort von Albert Planta  (Plal)
      Die unteren Einkommensschichten brauchen nicht mehr Demut sondern mehr Selbstbewusstsein. Es darf keinesfalls sein, dass Sozialhilfeempfänger wie Bussgänger behandelt werden.
    3. Antwort von Florian Kleffel  (Hell Flodo)
      @Keller: Das habe ich auch erlebt, diese Naivität. Aber die Unternehmer, die so etwas ausnützen, sind zu kritisieren. Nicht die Zuwanderer. Das tönt jetzt hart aus liberaler Perspektive: Die Ursache ist mangelnde Regulierung.
    4. Antwort von Max Wyss  (Pdfguru)
      Und, nicht zu vergessen, es wird erwartet, dass die erhaltene Sozialhilfe zurückbezahlt wird, wenn es vielleicht einmal etwas besser geht.

      Aber Sie haben recht, es hängt extrem von der jeweiligen Gemeinde und der Haltung der entsprechenden Leute ab, wie schlecht Sozialhilfebezüger behandelt werden.
    5. Antwort von Max Wyss  (Pdfguru)
      @pragmatiker: das kann aber auch heissen, dass in der Schweiz geborene und aufgewachsene Leute in ihr "Heimatland" abgeschoben werden, oder überlebende Ehepartner…

      "Demut" ist da so etwa das dümmste, was verlangt werden darf!!
  • Kommentar von Peter Müller  (PeRoMu)
    Beim Thema 'Mindestlohn' ist es doch so: Es gibt gute Gründe, die FÜR einen Mindestlohn sprechen. Und es gibt nicht weniger gute Gründe, die DAGEGEN sprechen. Je nachdem, welche Gründe man/frau wie gewichtet, kommt man/frau zu einem JA oder zu einem NEIN zum Mindestlohn.
  • Kommentar von Christoph Heierli  (help)
    Mindestlöhne sind bedeutend besser als ein Grundeinkommen. Sie dürfen jedoch nicht zu hoch angesetzt werden. Beim Grundeinkommen kämen alle zum Zug, ob sie arbeiten wollen oder nicht. Diejenigen Branchen die imstande sind Gesamtarbeitsverträge zu verhandeln und zu gestalten müssen sich nicht um staatlich verordnete Mindestlöhne kümmern. Die Firma Lidel z.B. gewährt ungelernten Mitarbeiter bereits heute einen akzeptablen Mindestlohn der höher ist, als der Vorgeschlagene in Zürich.
    1. Antwort von Dorothee Meili  (DoX.98)
      Herr Heierli: in der Welschschweiz (ev. Genf, oder Fribourg - weiss es nicht mehr) haben aber gerade einige Firmen per eigene interne Abmachungen den Mindestlohn unterlaufen. Ich meine, zwei Kantone gingen damit bis vor Bundesgericht und haben recht bekommen. Dieser Entscheid gilt aber nicht schweizweit; da ist wohl etwas in Bundesbern blockiert.
      Besser geht immer, aber die Gefahr von schlechter ist tatsächlich da, gerade in diesen Tieflohn-Bereichen.
    2. Antwort von Florian Kleffel  (Hell Flodo)
      Ich kenne die aktuelle Situation bei Lidl nicht. Aber einer der damals neuen Detailhändler war vor ein paar Jahren in den Medien, weil er zwar auf 100% gerechnet im Branchenvergleich nicht schlecht zahlte, aber Mitarbeiter nur nach Bedarf einsetzte. Die kamen dann nie auf 100%. Eine Mogelpackung, vielleicht für einige attraktiv, aber eher dem Unternehmen dienlich, das die Mitarbeiter in schwächeren Zeiten des Tages nach Hause schicken konnte. Wie ist es bei Lidl?
    3. Antwort von Samuel Nogler  (semi-arid)
      Grundeinkommen wäre eigentlich die bessere Lösung, sofern es auch eine Arbeitspflicht und Arbeitsmöglichkeit mit einführt. Jeder Mensch ist von Gott zu einem bestimmten Zweck erschaffen - nur muss ihm auch die Möglichkeit gegeben werden, einer Arbeit nachzugehen und auch das für ihn zum Leben notwendige zusammentragen zu können. Ich finde es schrecklich, dass Menschen von der Arbeitswelt ausschliesst weil sie krank, schwach, zu wenig intelligent, zu alt oder was auch immer sind.
    4. Antwort von Monika Mitulla  (momi)
      Ich nehme an, Sie schreiben über ein "bedingungsloses Grundeinkommen" Herr Heierli. Zwar ist das hier nicht das Thema - aber ich gebe gerne einen Kommentar dazu ab.
      Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde mit virtuellem Zentralbankgeld stattfinden. Damit könnte man Bedingungen, Zinsen oder Strafen (ähnlich einem Punktesystem) anknüpfen... Wollen wir so etwas wirklich???