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OECD-Mindeststeuer spaltet das linke Lager
Aus Rendez-vous vom 11.05.2023. Bild: KEYSTONE/Peter Klaunzer
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Abstimmung vom 18. Juni Die OECD-Mindeststeuer stürzt die Linke ins Dilemma

Die Linke findet die Mindeststeuer für internationale Grosskonzerne zwar gut. Anders als die Grünen empfiehlt die SP bei der Vorlage aber ein Nein.

Die SP begrüsst im Grunde eine minimale Besteuerung von internationalen Grosskonzernen – so zu hören in ihrem Podcast. Im Gespräch mit Co-Präsident Cédric Wermuth sagt Vizepräsident David Roth: «Es ist eine sehr gute Sache. Und die 15 Prozent werden ja auch kommen.»

Eine Mindeststeuer von 15 Prozent, ab nächsten Jahr – so wollen es 140 Staaten. Ein paar tausend solcher Unternehmen haben ihren Sitz in der Schweiz, denn diverse Kantone besteuern sie derzeit tiefer – Stichwort internationaler Steuerwettbewerb. Dieser Schritt führt zu zusätzlichen Steuereinnahmen, geschätzt werden sie auf eine bis zu 2.5 Milliarden Franken.

Es ist unglaublich, wie es die Schweiz fertig bringt, eine an sich gute Idee derart zu pervertieren, dass der Steuerwettbewerb auf anderem Niveau noch zusätzlich angeheizt wird.
Autor: David Roth Vizepräsident der SP Schweiz

Doch hier kommt das aber der SP-Spitze Wermuth/Roth. Entscheidend sei, wie das Geld in der Schweiz verteilt werde, sagt Roth. «Es ist unglaublich, wie es die Schweiz fertig bringt, eine gute Idee derart zu pervertieren, dass der Steuerwettbewerb auf anderem Niveau zusätzlich angeheizt wird. Darum gab es am Parteitag dieses deutliche Nein.»

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Pro und Contra der OECD-Mindeststeuer
Aus Tagesschau vom 11.05.2023.
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Gespaltene Sozialdemokratie

So hat die SP ihr grundsätzliches Ja in ein Nein gedreht. Doch trotz Nein-Parole ist die SP nicht geschlossen: Abweichende Haltungen gibt es in der Bundeshausfraktion und unter den SP-Kantonalparteien: Für Stimmfreigabe sind etwa Basel-Stadt oder die Waadt, für ein Ja Solothurn oder Genf.

Das sagen die Befürworter

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Hinter die Vorlage stellen sich Bundesrat, die Mehrheit des Parlaments, die Kantone und auch die Städte und die Gemeinden. Die Vorlage schaffe stabile Rahmenbedingungen und sichere dem Land Steuereinnahmen und Arbeitsplätze, lautet ihr Tenor. Es gelte, die Steuern in der Schweiz zu behalten. Hinter die höhere Mindestbesteuerung stellen sich auch die Wirtschaftsverbände.

Den Ausschlag für das Ja gibt die weltweite Umsetzung der Steuerreform. Mache die Schweiz nicht mit oder müsste die Vorlage nach einem Nein an der Urne neu aufgegleist werden, würde Steuergeld ins Ausland abfliessen und Firmen müssten zusätzliche Besteuerungen und Verfahren im Ausland durchlaufen, gab Swissholdings zu bedenken. Die bürgerlichen Parteien SVP, FDP, Mitte sowie die GLP haben die Ja-Parole beschlossen. (sda)

Ähnlich gespalten ist die Grüne Partei, die Stimmfreigabe beschlossen hat. Für ein Ja votieren etwa die Kantonalparteien beider Basel, Waadt und Genf. Nein sagen etwa Neuenburg und Thurgau. Die Linke stösst sich am Verteilschlüssel der Steuereinnahmen – 75 Prozent geht an die Kantone, 25 Prozent an den Bund: So komme das Geld nicht der Bevölkerung zugute, sondern der Standortförderung.

Bei der Grünen Partei beurteilt das die St. Galler Nationalrätin Franziska Ryser kritisch: «Diese Umsetzung führt zu einer ungerechten Verteilung der erwarteten Mehreinnahmen.» Über die Hälfte werde bloss vier Kantonen zugute kommen. «Das wird zu einer Verstärkung des Steuerwettbewerbs in der Schweiz führen.» Da geht es um die Standortkantone der internationalen Konzerne wie Roche oder Glencore: Zug, Basel-Stadt, Zürich und Genf.

Steuerstempel
Legende: Es bleiben rund fünf Wochen bis zur Abstimmung. Dabei setzt sich ein Teil der Linken für einmal gegen Steuererhöhungen für Konzerne ein und die bürgerlichen Parteien sind dafür – auch das ist eine besondere Konstellation. Keystone/Christian Beutler

Eine SP-Finanzpolitikerin, die für die Änderung kämpft, ist Ständerätin Eva Herzog. Sie entgegnet, das Geld bleibe nicht in den Standortkantonen: «Der Finanzausgleich wird umso stärker dotiert, je mehr zu den Kantonen fliesst. Dies durch die Regeln des Finanzausgleichs, weil der Bund dann auch aufstocken muss.»

Ich kann kein Argument nachvollziehen, das hier für ein Nein wirbt.»
Autor: Eva Herzog Ständerätin (SP/BS)

Der Verteilschlüssel führe dazu, dass am Ende alle profitieren würden, ist Herzog überzeugt. Und wenn die Kantone ihren Standort attraktiver machten, profitierten davon nicht nur die Unternehmen: «Das bedeutet Massnahmen für Forschung und Entwicklung, attraktivere Bedingungen für Fachkräfte und internationale Arbeitskräfte, Investitionen in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und so weiter.»

Politologe Lutz zum linken Dilemma

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Ein Ja oder ein Nein? Dazu analysiert Politologie-Professor Georg Lutz von der Universität Lausanne: «Die linken Parteien haben immer wieder Steuervorlagen gewonnen, auch wenn sie anders als die vorliegende gelagert waren. Wenn man hier nicht geschlossen auftritt, wird es sicher nicht einfacher, diese Vorlage zu bekämpfen.»

Die Gegenseite befürchtet aber Steuersenkungen. Dabei gäbe es für Ryser eine gerechtere Verteilung: «Mit einem grösseren Anteil beim Bund hätten wir eine Bundessteuer gehabt und Ausgaben finanzieren können, die der ganzen Schweiz zugute kommen. Zum Beispiel Massnahmen gegen den Fachkräftemangel oder zur Bekämpfung des Klimawandels.»

Da sich der Verteilschlüssel auf Gesetzesebene anpassen liesse, kommt die Basler SP-Ständerätin Herzog zum Schluss: «Ich kann kein Argument nachvollziehen, das hier für ein Nein wirbt.»

Rendez-vous, 11.05.2023, 12:30 Uhr

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