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Keine Richter per Losverfahren Erleichterung bei Gegnern der Justiz-Initiative

Das Nein war erwartet worden. Doch dass es – weniger drastische – Reformen brauche, ist weitgehend unbestritten.

Ein Losverfahren für die Wahl ans Bundesgericht hat bei Volk und Ständen keinen Anklang gefunden. Kein Kanton sagte Ja zur Justiz-Initiative – der Nein-Stimmen-Anteil beträgt 68.1 Prozent.

Justiz-Initiative

Eidg. Vorlage: Initiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren»

  • JA

    31.9%

    1'095'174 Stimmen

  • NEIN

    68.1%

    2'334'980 Stimmen

Standesstimmen

  • JA

    0.0

  • NEIN

    23.0

Andrea Caroni, Ständerat (FDP/AR) und Präsident der parlamentarischen Gerichtskommission, zeigte sich gegenüber SRF erleichtert über das Nein. Er freute sich über das Vertrauen des Volks in die Gerichte und das Parlament, welches die Bundesrichter und Bundesrichterinnen wählt. Auch Heidi Zgraggen, Ständerätin (Mitte/UR), verteidigte gegenüber SRF das System und zeigte sich erleichtert über das Resultat. Das Verfahren sei demokratisch legitimiert – die Richterinnen und Richter würden das Wahlvolk abbilden.

Auch Matthias Aebischer, Berner SP-Nationalrat und Vizepräsident der parlamentarischen Gerichtskommission, äusserte sich hocherfreut über das deutliche Nein. Es sei eine sehr komplexe Initiative gewesen. Das Nein zeige, dass sich die Bevölkerung eingehend damit befasst habe. 

Reaktion des Initianten auf Twitter

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Initiert hatte die Initiative der Zuger Adrian Gasser. Er stand für eine Reaktion auf das Resultat SRF nicht zur Verfügung. Auf Twitter beklagte er sich in einer Botschaft jedoch darüber, dass zu wenig Zeit zur Verfügung gestanden habe, um die Botschaft der Initiative den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern näherzubringen.

«Wir werden die Abstimmung einfach noch einmal wiederholen», erklärte Gasser, ohne genauer darauf einzugehen, was damit gemeint ist.

Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone/SDA zeigte sich Gasser überzeugt, die Bevölkerung «in zwei, drei Jahren sensibilisieren zu können». Beim zweiten Anlauf will er nicht vom Initiativtext abweichen.

Die Initiative habe zwar gewisse Defizite in der Justiz angesprochen, löse als Gesamtpaket die Probleme jedoch nicht, sagte Aebischer gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Die Initiative war viel zu extrem», so Aebischer. Die Reformen seien zudem schon vor der Initiative aufgegleist gewesen.

Parteibuch wichtiger als Gesetzesbuch?

Laut dem Rechtsanwalt und Befürworter der Justiz-Initiative, Philip Stolkin, ist es schwer, eine Initiative zu gewinnen, wenn die gesamte Parteienlandschaft dagegen ist. Das gab Stolkin als Grund für das Scheitern der Initiative an.

«Faktisch gesehen muss man heute in einer Partei sein, um Richterin oder Richter zu werden», sagte er dem Schweizer Fernsehen SRF. «Diese Überschneidung finde ich gefährlich», sagte er weiter. Die Gewaltentrennung sei nicht gewährleistet. «Das Parteibuch hat mehr Gewicht als das Gesetzesbuch», sagte Stolkin. Genau deshalb hätte es klare Regeln gebraucht.

Mandatssteuer im Fokus

Peter Diggelmann, ehemaliger Oberrichter des Kantons Zürich und Befürworter der Initiative, bemängelte gegenüber SRF, dass bei der Diskussion ums Losverfahren die eigentlichen Probleme des jetzigen Verfahrens zu kurz gekommen seien. Besonders die umstrittene Mandatssteuer solle nun zur Diskussion gestellt werden.

Keller-Sutter: «Das Vertrauen ins Bundesgericht wurde bestätigt»

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Mit dem Ja bleibe die verfassungsmässige Ordnung von 1848 bestehen und damit auch die demokratische Legitimation, so Keller-Sutter. Das Resultat bestätige das Vertrauen in das Bundesgericht und dessen Wahlbehörde.
Das heisse aber nicht, dass beim heutigen System alles perfekt sei. Die Gerichtskommission berate derzeit, wie ein Fachbeirat helfen könnte, und auch die Mandatssteuer sei Teil von Diskussionen. Weiter versichert Karin Keller-Sutter den Initiantinnen und Initianten, dass die Unabhängigkeit der Bundesrichter beim Bundesrat höchste Priorität habe.

Ein Richter oder eine Richterin müsse einer Partei angehören und dieser faktisch jährlich eine Mandatssteuer bezahlen, damit er oder sie das Amt bekomme. Damit werde die Judikative zum verlängerten Arm der Legislative.

Verfahren wird unter die Lupe genommen

Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne/BS) war Gegnerin der Vorlage, doch sie wies gegenüber SRF darauf hin, dass die Diskussion über das Verfahren am Laufen sei. Das Parlament habe jedoch auf einen Gegenvorschlag verzichtet, an dem SP und Grüne gearbeitet haben. Man nehme die Bedenken, insbesondere zur Mandatssteuer, jedoch ernst. Auch das gesamte Wiederwahlverfahren, zum Beispiel die Amtsdauer, werde man unter die Lupe nehmen.

Das Wahlverfahren wird in den kommenden Jahren sowieso einer sanften Reform unterzogen. Nach dem Willen der Rechtskommission des Ständerats soll die Gerichtskommission zur Begleitung ihrer Auswahlverfahren künftig einen Fachbeirat einsetzen und beiziehen können. Mit der entsprechenden parlamentarischen Initiative befasst sich als Nächstes die Nationalratskommission.

SRF 1, 28.11.2021, 12:00 Uhr ; 

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