Sämtliche 26 Kantone sagen Nein zur Justiz-Initiative. Sie war schon früh am Nachmittag am Ständemehr gescheitert.
Insgesamt lehnten laut dem Schlussresultat 68.1 Prozent der Stimmenden das Losverfahren bei Bundesrichterwahlen ab.
Justizministerin Karin Keller-Sutter sieht das Vertrauen ins Bundesgericht bestätigt.
Justiz-Initiative
Eidg. Vorlage: Initiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren»
JA
31.9%
1'095'174
Stimmen
NEIN
68.1%
2'334'980
Stimmen
Standesstimmen
JA
0.0
NEIN
23.0
Endresultat Kanton
JA
%
Stimmen
NEIN
%
Stimmen
Mit dem Scheitern der Initiative wählt weiterhin das Parlament die Richter ans Bundesgericht. Die Urheber der Initiative hatten angeführt, das aktuelle Verfahren beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit. Bundesrichterinnen und Bundesrichter sollten gemäss der Initiative per Losverfahren gewählt werden.
Einschätzung von Bundeshaus-Redaktor Curdin Vincenz
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«Das Nein zur Justiz-Initiative von Volk und Ständen ist gleichermassen unmissverständlich wie erwartet. Die Wahl der Bundesrichterinnen und -richter war in diesen Zeiten kein Thema für eine breite Diskussion und kontroverse Debatten in der Bevölkerung. Eine solche hätten die Befürworterinnen und Befürworter aber gebraucht, um mehr Zustimmung für ihr Begehren zu erhalten. Denn die Idee, dass Richterinnen und Richter zuerst von einem Fachgremium geprüft und dann per Los hätten bestimmt werden sollen, war erklärungsbedürftig. So aber bestätigte sich in der Abstimmung, was sich auch in Umfragen immer wieder zeigt: Die Mehrheit der Bevölkerung vertraut der Justiz.
Dabei steht die Kritik am Wahlsystem für das Bundesgericht nicht im luftleeren Raum: Dass es parteilose Richterinnen und Richter heute faktisch nicht ins höchste Schweizer Gericht schaffen können und dass die Gewählten an ihr Partei eine Abgabe entrichten, sind seit längerem Kritikpunkte – auch vom zuständigen Gremium des Europarats. Und sehr ungewöhnlich im internationalen Vergleich ist auch, dass sich Gerichtsmitglieder wiederwählen lassen müssen. Offen ist jetzt aber, inwieweit das klare Volks-Nein zur Justiz-Initiative kleinere Reformen sogar eher bremst.»
Andrea Caroni, Ständerat (FDP/AR) und Präsident der Gerichtskommission, zeigte sich gegenüber SRF erleichtert über das Nein. Er freute sich über das Vertrauen des Volks für die Gerichte und das Parlament. Auch Vertreter aller anderen Parteien zeigten sich zufrieden mit dem Resultat – auch wenn es durchaus Defizite gebe, wie vor allem von linker Seite zu hören war, die an einem Gegenvorschlag gearbeitet hatte, der allerdings nicht zur Abstimmung kam.
Keller-Sutter: «Das Vertrauen ins Bundesgericht wurde bestätigt»
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Mit dem Ja bleibe die verfassungsmässige Ordnung von 1848 bestehen und damit auch die demokratische Legitimation, sagt Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Das Resultat bestätige das Vertrauen in das Bundesgericht und dessen Wahlbehörde.
Das heisse aber nicht, dass beim heutigen System alles perfekt sei. Die Gerichtskommission berate derzeit, wie ein Fachbeirat helfen könnte, und auch die Mandatssteuer sei Teil von Diskussionen. Weiter versichert Keller-Sutter den Initiantinnen und Initianten, dass die Unabhängigkeit der Bundesrichter beim Bundesrat höchste Priorität habe.
Initiiert hatte die Initiative der Zuger Adrian Gasser. Er stand für eine Reaktion auf das Resultat SRF nicht zur Verfügung. Auf Twitter beklagte er sich in einer Botschaft jedoch darüber, dass zu wenig Zeit zur Verfügung gestanden habe, um die Botschaft der Initiative den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern näherzubringen.
«Wir werden die Abstimmung einfach noch einmal wiederholen», erklärte Gasser. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone/SDA zeigte sich Gasser überzeugt, die Bevölkerung «in zwei, drei Jahren sensibilisieren zu können». Beim zweiten Anlauf will er nicht vom Initiativtext abweichen.
Weiterhin Wiederwahl der Richterinnen und Richter
Die Volksinitiative hat gefordert, dass eine Fachkommission entscheiden soll, wer am Losverfahren für das Bundesgericht teilnehmen darf. Sie hätte nur Personen zum Losentscheid zulassen sollen, die sich fachlich und persönlich für das Richteramt eignen. Die Bundesrichterinnen und Bundesrichter hätten ihr Amt bei einem Ja zum Volksbegehren bis fünf Jahre über das Rentenalter hinaus ausüben können. Anders als heute hätten sie sich keiner Wiederwahl stellen müssen.
Nur acht Gemeinden stimmten Ja
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Am deutlichsten war die Ablehnung zur Justiz-Initiative in den Kantonen Appenzell Innerrhoden (77.8 Prozent), Waadt (75.1 Prozent) und Uri (72.6 Prozent). Selbst in den Kantonen mit dem höchsten Ja-Anteil wie Jura (37.5 Prozent), Tessin (36.6 Prozent) und Freiburg (36.1 Prozent) war das Verdikt sehr klar. Nur acht der 2158 Gemeinden im Land stimmten der Initiative zu.
All das ging den meisten Politikerinnen und Politikern zu weit. Gegen die grundlegende Reform des Wahlverfahrens ans Bundesgericht hatten sich alle sechs Parlamentsfraktionen, der Bundesrat und die Kantone ausgesprochen.
Die nationalen Bundesrichter-Wahlen finden alle sechs Jahre statt. Auch in den Kantonen und im Ausland werden die Richter fast durchwegs vom Volk oder von der Legislative – unter anderem nach parteipolitischer Zugehörigkeit – für eine beschränkte Amtszeit gewählt und wiedergewählt.
Kleinere Reformen auf dem Weg
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Das Wahlverfahren wird in den kommenden Jahren einer sanften Reform unterzogen. Nach dem Willen der Rechtskommission des Ständerats (RK-S) soll die Gerichtskommission zur Begleitung ihrer Auswahlverfahren künftig einen Fachbeirat einsetzen und beiziehen können. Mit der entsprechenden parlamentarischen Initiative befasst sich als Nächstes die Nationalratskommission.
Zudem hat die parlamentarische Gerichtskommission kürzlich beschlossen, die bisherige Praxis zu überprüfen und allenfalls auch Parteilose als Bundesrichterinnen oder -richter zu nominieren. Theoretisch könnte dieses Gremium beispielsweise auch ohne Gesetzesänderungen Korrekturen im Hinblick auf die Mandatssteuer vornehmen. Diese ist freiwillig und nicht gesetzlich geregelt.
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