Der Brüttener Tunnel und das vierte Gleis am Bahnhof Stadelhofen: Der Kanton Zürich erhält jene Bahnprojekte, die er sich am meisten gewünscht hat. Beide sind im Bahnausbauschritt 2035 des Bundes enthalten. Gemäss diesem soll rund die Hälfte des vorgesehenen Betrags von 12 Milliarden Franken in den Grossraum Zürich fliessen. Stimmt nächstes Jahr auch das Parlament zu, würden also zwei Engpässe im Zürcher S-Bahnnetz behoben.
Was dieser Ausbau konkret bedeutet, das hat der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) am Donnerstagabend vor Gemeindevertretern aufgezeigt. In der Kurzfassung von ZVV-Direktor Franz Kagerbauer: «Es gibt diese beiden Nadelöhre nicht mehr, wir können in weiten Teilen des Kantons einen Viertelstundentakt anbieten und bessere Umsteigezeiten.»
Das Reisen im Zürcher Verkehrsverbund wird nochmals attraktiver.
50 Prozent mehr Züge werden dereinst auf dem ZVV-Netz unterwegs sein. Und zum Beispiel im Korridor Zürich Winterthur für fast schon U-Bahn-ähnliche Zustände sorgen. Dank dem Brüttener Tunnel werden die Züge im 2- bis 3-Minuten-Takt verkehren. Heute sind es fünf Minuten.
Ein weiteres Beispiel: Die Strecke Zürich – Uster – Wetzikon. «Hier haben wir heute je 8 Züge pro Richtung und pro Stunde, also insgesamt 16», erklärt Dominik Brühwiler, Leiter Verkehrsplanung beim ZVV. Neu seien es 24. Die letzte Bahnschranke bei Uster, die müsse man aufheben, denn sie wäre ständig zu.
Wohin mit all den zusätzlichen Abstellgleisen?
Bis dieser Ausbau realisiert ist, bis 2035, hat die Zürcher S-Bahn allerdings noch eine Durststrecke vor sich. In nächster Zukunft gibt es keine Erweiterung, wird es enger in den Zügen.
Und ein weiteres Problem: Mehr Züge benötigen auch mehr Abstellgleise. «Für die 60 zusätzlichen Kompositionen, welche vorgesehen sind, wären dies rund 10 Kilometer», rechnet Franz Kagerbauer vor. Wo diese verlegt werden sollen, sei noch offen.
Die kann man in einem dicht besiedelten Gebiet nicht einfach aus dem Hut zaubern.
Diese Frage will der ZVV in den nächsten Jahren mit dem Kanton und den Gemeinden klären. Ein schwieriger Weg steht ihm bevor.
Verlagert sich das Problem nun einfach?
Peter Anderegg, Präsident des Vereins zur Förderung des öffentlichen Verkehrs, freut sich über diesen massiven Ausbau. Dennoch macht er sich auch Sorgen:
Die Leute müssen ja auch ein- und aussteigen.
Das Problem auf den Strecken sei dann zwar vorläufig gelöst. Es könne aber sein, dass sich die Engpässe dann einfach an die Bahnhöfe verschieben, so Peter Anderegg. Hat es dann noch genug Platz auf den Perrons? Wie kommen die vielen Leute schnell vom Bahnhof weg?
Ein Thema, das auch den Stadtzürcher Tiefbauvorsteher Richard Wolff (AL) beschäftigt. Ihn beschäftige derzeit vor allem die Verbindung vom Bahnhof Stadelhofen ins Hochschulquartier. «Da gibt es ganz viele utopische Ideen, zum Beispiel eine unterirdische Rolltreppe vom Bahnhof ins Hochschulquartier – konkret ist aber noch nichts.»
Eng werden könnte es auch im Bahnhof Winterthur, in welchem in Zukunft fast jede Minute ein Zug ein- und ausfährt. In Winterthur müsse man sich nach der Decke strecken, so Dominik Brühwiler vom ZVV. Die Stadt sei gebaut. Dennoch mache er sich keine Sorgen: «Züge stehen heute nicht mehr herum, halten eine bis zwei Minuten und fahren weiter. Ausserdem wird die Bahnhofsunterführung bereits vergrössert.»