Die Blutbuche in Seengen: Der Baum steht oberhalb des Rebbergs in Richtung Meisterschwanden. Hier, am Fuss des «Villenhügels», thront die Blutbuche seit gut 120 Jahren über dem Hallwilersee. Wer mit dem Auto oder mit dem Velo um den See fährt, sieht den Baum.
Das Bauprojekt: Nun soll der Baum aber weg. Auf der Gemeinde Seengen lag bis zum 10. August ein Baugesuch auf. Ein Investor will das bestehende Gebäude abreissen und auf der Parzelle vier Einfamilienhäuser bauen. Er argumentiert, der Baum stehe den Häusern im Weg, die Krone überdecke einen grossen Teil der Parzelle, zitiert die «Aargauer Zeitung» aus dem Baugesuch. In einem Bericht, der dem Baugesuch beiliegt, heisst es, das Bauvorhaben sei kaum möglich, ohne die Buche zu schädigen.
Die Bauherrschaft möchte die Buche fällen und als Ersatz neun kleinere Bäume setzen. Dies, obwohl die Buche im «Inventar der geschützten Natur- und Kulturobjekte» der Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Seengen eingetragen ist.
Seengen wächst: Seengen ist mit einem Steuerfuss von 77 Prozent eine der reichsten Aargauer Gemeinden. Die Gemeinde am Hallwilersee wächst und wächst, momentan sind es 4115 Einwohnerinnen und Einwohner. Im Jahr 2000 waren es noch 2526.
Der grosse Widerstand: Einwohnerinnen und Einwohner wehren sich gegen das Fällen des geschützten Baums an der Brestenbergerstrasse. Bei der Gemeinde sind mehrere Einsprachen gegen das Bauprojekt eingegangen. Unter anderem eine Sammeleinsprache mit 218 Unterschriften.
Der Baum ist geschützt, das Fällen ist nicht legal.
Ihr Wortführer ist Christian Siegrist, Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins von Seengen. Er hofft, dass die vielen Unterschriften den Investor beeindrucken und dass dieser seine Pläne überdenkt. Und der Druck der Sammeleinsprache soll auch auf den Gemeinderat wirken, dass dieser das Baugesuch nicht bewilligt oder nur unter der Auflage, dass die Buche stehen bleibt. Siegrist: «Der Baum ist geschützt, das Fällen wäre illegal.»
Das sagt die Gemeinde: Bauverwalter Vitali Köchli bestätigt, dass mehrere Einwendungen gegen das Baugesuch eingegangen sind, darunter eine Sammeleinsprache. Der Gemeinderat habe das Gesuch aber noch nicht offiziell behandelt. Und auch die Bauverwaltung habe sich noch nicht inhaltlich mit dem Gesuch befasst. Wie bei jedem anderen Baugesuch sei auch das Projekt mit der Blutbuche an der Brestenbergerstrasse nur formal geprüft und dann aufgelegt worden. Ein Entscheid der Gemeinde für oder gegen die Fällung des Baums sei dies noch nicht.
Unterdessen ist das Projekt auch im kantonalen Amtsblatt publiziert worden. «Neubau 4 Einfamilienhäuser mit Tiefgarage und Beseitigung geschützter Einzelbaum … mit Ersatzpflanzung» ist dort zu lesen. Diese Publikation habe man gemacht, um ganz sicher zu gehen, erklärt Bauverwalter Köchli. Das Bauprojekt und das Schicksal der Blutbuche werden die Gemeinde Seengen also noch eine Weile beschäftigen.