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Coronavirus Wird «Cerberus» die neue dominierende Variante?

«Cerberus»: So heisst die neue Omikron-Untervariante BQ 1.1 des Coronavirus. Wie gefährlich ist sie? Wird sie das Virusgeschehen in Zukunft dominieren? Und wie gut schützt die Impfung? Volker Thiel, Virologe und Immunologe der Universität Bern, ordnet ein.

Volker Thiel

Leiter Abteilung Virologie am Institut für Virologie und Immunologie (IVI) und Professor für Virologie an der Universität Bern

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Volker Thiel gilt als einer der führenden Coronaviren-Forscher und leitet die Abteilung Virologie am Institut für Virologie und Immunologie (IVI). Seit Jahren forscht Thiel an Coronaviren, zu denen auch die Erreger der gefährlichen Atemwegserkrankungen Sars und Mers gehören.

SRF News: Es gibt eine neue Omikron-Variante. Was weiss man darüber?

Volker Thiel: Die neue Variante ist in vielen Ländern auf dem Vormarsch, momentan allerdings noch auf niedrigerem Niveau. Andere Viren sind in der Regel noch stärker vertreten, aber die neue Variante breitet sich aus und der Anteil wächst schnell. Man geht davon aus, dass sie relativ bald in vielen Ländern dominant sein wird.

Wie unterscheidet sie sich von den bisherigen Varianten?

Die neue Variante hat weitere Mutationen dazubekommen, welche unserem Immunsystem ausweichen. Das ist auch der Grund, warum sie sich jetzt ausbreiten kann und wahrscheinlich für eine weitere Welle sorgen wird. Es wird also zu mehr Infektionen kommen.

Können Sie das ausführen? Was bedeutet das im Kontext der neuen Variante?

Grundsätzlich ist zu erwarten, dass die neue Variante in wenigen Wochen dominant sein wird. Wie intensiv die Welle dann sein wird, lässt sich schwer sagen.

Hohe Ansteckungszahlen sind immer gefährlich

Doch hohe Ansteckungszahlen sind immer gefährlich, auch wenn wir derzeit weitgehend milde Verläufe beobachten. Dies liegt aber nicht daran, dass sich das Virus abgeschwächt hat, sondern an der Immunität der Bevölkerung.

Sie prognostizieren eine weitere Welle. Macht Ihnen das Sorgen?

Sorgen haben wir immer, wenn die Fallzahlen hoch sind. Wir haben immer noch Menschen, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, etwa Vorerkrankungen haben. Vielleicht sind gewisse auch noch nicht geimpft und haben deshalb noch keine ausreichende Immunität. Wenn die Fallzahlen dann ansteigen, ist natürlich das Risiko wieder da, dass solche Personen einen schweren Verlauf haben.

BAG: Neue Variante nicht gefährlicher als aktuell dominierende

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Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist der Ansicht, dass Cerberus nicht gefährlicher ist als die aktuell dominante Omikron-Variante. «Es gibt keine Hinweise darauf, dass BQ 1.1 zu schwereren Erkrankungen führt», sagt BAG-Sprecher Simon Ming. Man sehe allerdings einen steigenden Anteil dieser Variante, fährt er fort.

Bezüglich Impfschutz vor BQ 1.1 könne allerdings noch «keine belastbare Aussage» gemacht werden, so Ming. Er betont aber: «Es gibt bisher keine Hinweise, dass die derzeit verfügbaren Impfstoffe bei dieser Variante gegen schwere Verläufe schlechter wirken als bei den bisherigen Varianten.»

Wie der Virologe Volker Thiel erwartet auch das BAG, dass die neue Variante bald das Virusgeschehen dominieren wird. Dies, weil sie die Immunität besser umgehen könne. Es werde «höchstwahrscheinlich» einen erneuten Anstieg der Fallzahlen geben, sagt Ming.

Hilft die Impfung gegen die neue Variante? Der neuste Booster wurde ja basierend auf alten Varianten entwickelt.

Der Booster schützt noch immer sehr gut vor schweren Erkrankungen. Übrigens schützt auch die erste Version der Impfung gut davor. Die Unterschiede sind relativ klein, wenn auch die Anpassungen an die jeweils neuen Varianten natürlich etwas bringen. Aber sie sind nicht derart entscheidend, dass sie einen grossen Unterschied machen.

Das Gespräch führte Sandra Brand.

Tagesschau, 28.10.2022, 18:00 Uhr ; 

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