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Mehr Todesfälle als erwartet «Corona erklärt nicht das ganze Ausmass der Übersterblichkeit»

Die hohe Übersterblichkeit im Jahr 2022 unter den Seniorinnen und Senioren dürfte gemäss Experten mit Corona und dem Hitzesommer zusammenhängen. Doch wissenschaftlich belegt ist das nicht. Eine Petition, die Aufklärung fordert, wurde von mehr als 12'000 Menschen unterschrieben.

Jeder Todesfall ist ein Einzelfall – und trotzdem lässt sich statistisch berechnen, wie viele Menschen in der Schweiz normalerweise sterben. Seit Wochen schon sterben 20 bis 30 Menschen mehr pro Tag, als das Bundesamt für Statistik erwartet hätte. Seit Anfang Jahr bis Mitte Oktober rund 4500 Personen. Die Übersterblichkeit betrifft Personen im Rentenalter.

Für den Berner Epidemiologen und Spezialisten für Übersterblichkeit, Marcel Zwahlen, gibt es dafür eine Haupterklärung: «Am ehesten die Corona-Wellen. Aber Corona erklärt nicht das ganze Ausmass der Übersterblichkeit.»

Denn offiziell sterben im Moment nicht so viele Menschen an Covid-19. Der Experte vermutet, die Zahl der von den Behörden veröffentlichten Corona-Toten könnte zu tief sein. «Eine Corona-Infektion bei einer Person, die schon gewisse chronische oder schwerwiegende Vorerkrankungen hat, kann natürlich auch zu einer Beschleunigung des Krankheitsgeschehens führen. Dann wird dieser Todesfall vielleicht offiziell nicht als Covid-Sterbefall gezählt.»

Auffallend ist: Wenn die Zahl der positiv Getesteten steigt, steigt jeweils auch die Übersterblichkeit. Dazu kommen mehr Tote im Sommer, als es sehr heiss war.

Bund: «Keine wissenschaftlich abgesicherte Auskunft»

Dies sieht auch das Bundesamt für Gesundheit so. Doch es teilt auf Anfrage mit: «Wir können keine wissenschaftlich abgesicherte Auskunft zur Übersterblichkeit 2022 geben. Im Moment ist noch nicht bekannt, was die Gründe für diese Übersterblichkeit sind.»

Es weist auch darauf hin, die zeitliche Parallelität von Corona-Wellen und Übersterblichkeit müsse «nicht bedeuten, dass Covid-19 immer die unmittelbare Ursache der Übersterblichkeit ist.» Es sei auch möglich, dass Corona zu einer Verstärkung von vorbestehenden Erkrankungen geführt habe.

EDU-Petition zur Aufklärung mit 12'000 Unterschriften

Damit will sich die Eidgenössische Demokratische Union (EDU) nicht zufriedengeben. Sie hat eine Petition lanciert, die gemäss der Partei bereits 12'000 Leute unterschrieben haben. Sie fordern, eine ausserparlamentarische Kommission von Fachleuten solle dieser Übersterblichkeit auf den Grund gehen.

Der Berner EDU-Nationalrat Andreas Gafner hat zudem eine Motion mit dieser Forderung im Parlament eingereicht. «Ich denke, es ist für viele geimpfte Personen wichtig zu wissen, ob es einen Zusammenhang mit der Impfung gibt», sagt Gafner.

Ausländische Studien geben allerdings eher Hinweise darauf, dass eine durchgemachte Covid-Erkrankung das Risiko erhöht, später zum Beispiel an einer Herzerkrankung zu sterben. «Auch das könnte sein», sagt Gafner. «Aber ich möchte das sauber abgeklärt haben.»

Tagesschau, 28.10.2022, 19:30 Uhr

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