- Videoaufnahmen einer Dashcam sind als Beweise vor Gericht nicht zulässig: Dieser Leitentscheid des Bundesgerichts hat dazu geführt, dass eine Lenkerin nun freigesprochen wurde.
- Im Prozess gab es bis auf ein Video einer Kamera auf dem Armaturenbrett keine Belege dafür, dass genau sie gefährlich unterwegs war.
- Ungewöhnlich am Prozess: Der vorgeladene Zeuge musste aus der Erinnerung erzählen, obwohl er das Video selbst aufgenommen hatte.
Ein gefährliches Manöver eines Jeeps sorgte im Oktober 2019 für einen Leitentscheid des Bundesgerichts: Es entschied, dass Dashcam-Videos als Beweismittel unzulässig sind, weil sie heimlich aufgenommen werden.
Als Ausnahme gilt nur, wenn mit den Aufnahmen eine schwere Straftat aufgeklärt wird. Manöver auf der Autobahn, bei denen niemand verletzt wird, zählen nicht dazu.
Die Verurteilung einer 48-jährigen Autofahrerin wurde deshalb vom Bundesgericht aufgehoben und zur Neubeurteilung ans Zürcher Obergericht zurückgeschickt. Dieses hatte die Schweizerin zuvor wegen mehrfacher, teilweise grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.
Das Manöver, das der Frau vorgeworfen wird, wurde von einer Dashcam gefilmt. Ohne diese Videoaufnahmen gibt es aber keine Beweise, dass genau sie es war, die im März 2017 auf der A51 bei Bülach (ZH) auf ein Auto viel zu nahe auffuhr, es dann rechts überholte und viel zu knapp vor dem Auto wieder einbog.
Dashcam-Zeuge erneut vorgeladen
Der Staatsanwalt versuchte vor Gericht, diese Beweise mithilfe eines Zeugen doch noch zu bekommen. Vorgeladen war dazu der Autofahrer, der rechts überholt und bedrängt worden war. Er war es auch, der wegen des drängelnden Jeeps seine Dashcam laufen liess und kurz darauf bei der Polizei Anzeige erstattet hatte. Sehr aussergewöhnlich ist dabei, dass ein Zeuge aus seiner Erinnerung erzählen musste, obwohl er das Beweisvideo selber aufgenommen hatte.
Die Aussage des Zeugen half jedoch nicht weiter. Er konnte sich weder an das vollständige Nummernschild noch an das genaue Jeep-Modell erinnern. Diese Angaben, so musste der 27-Jährige zugeben, erhielt er erst, als er das Video anschaute – und dieses darf als Beweis eben nicht verwendet werden.
«Mangel an gültigen Beweisen»
Der Zeuge wusste ohne Video einzig, dass der Jeep ein Kontrollschild aus Nidwalden hatte. Das Firmenauto der beschuldigten Frau hat zwar ein Nidwaldner Autokennzeichen, doch ein Beweis ist das nicht, denn im Kanton ist mehr als ein Jeep zugelassen.
«Aus Mangel an gültigen Beweisen» sprach das Gericht die Frau deshalb frei. Sie erhält 30'000 Franken für die Anwaltskosten. «Ein ungewöhnlicher Prozess», fand selbst der Richter.