Der Schweizer Wirtschaft geht es recht gut, die Arbeitslosigkeit ist auf einem historischen Tiefstand. Dennoch ziehen am Horizont dunkle Wolken auf, genährt von geopolitischen Unsicherheiten, Zinserhöhungen und einer Verlangsamung des weltweiten Wachstums. Infolgedessen sind Optimisten rar gesät. Die im Frühjahr von GFS Bern durchgeführte SRG-Umfrage «Wie geht’s Schweiz?» zeigt, dass nur jeder Zehnte daran glaubt, dass sich die Schweizer Wirtschaft in den nächsten Jahren positiv entwickeln wird.
In der Bevölkerung ist der Pessimismus in Bezug auf die Wirtschaft weit verbreitet. Fast vier von zehn Befragten rechnen damit, dass sich die Schweizer Wirtschaft in den kommenden Jahren verschlechtern wird. Nur wenig mehr (44.5%) glauben, dass die Wirtschaftslage unverändert bleiben wird.
Gefühl des wirtschaftlichen Niedergangs
Die Tessiner blicken am wenigsten zuversichtlich in die Zukunft: 57.1% der Italienischsprachigen glauben, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern wird, gegenüber 47% der Französischsprachigen und 36.5% der Deutschsprachigen. Auch unter den Selbstständigen ist die Besorgnis besonders ausgeprägt. Die Hälfte von ihnen (49.8%) ist pessimistisch in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz, während es bei den Angestellten weniger als 40% und bei den Rentnern etwa 37% sind.
Ein Zeichen für den fehlenden Optimismus ist, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung es für unwahrscheinlich hält, dass die Schweiz ihren Wohlstand in Zukunft beibehalten kann. Wenn man nicht nach der allgemeinen Lage, sondern nach dem Schicksal der einzelnen Einwohnerinnen und Einwohner fragt, werden die Befürchtungen noch deutlicher. Junge Schweizerinnen und Schweizer werden schlechter leben als ihre Eltern, so die Prognose von mehr als zwei Dritteln der Befragten. Nur ein Viertel glaubt das Gegenteil.
Die Bevölkerung ist besorgt über wirtschaftliche Ungleichheiten
Die Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg geht einher mit der Sorge über die wachsende wirtschaftliche Ungleichheit. So sind rund 80% der Bevölkerung der Meinung, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer grösser wird. Und mehr als die Hälfte der Befragten glaubt nicht, dass man sich nur durch harte Arbeit aus der Armut befreien kann. Der extreme Reichtum von Milliardären sei nie gerechtfertigt, so die Mehrheit der Befragten. Mehr als 70% der Schweizer erwarten jedoch nicht, dass der Staat die Situation verbessert, sondern betonen die Eigenverantwortung des Einzelnen.
Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Wirtschaft
Die Bevölkerung vertraut der Wirtschaft nicht mehr als dem Staat. Fast alle Befragten (90%) sind der Meinung, dass grosse Unternehmen eher am Profit als am allgemeinen Wohl interessiert sind. Fast zwei Drittel der Schweizer lehnen das liberale Credo ab, dass alle, auch die Ärmsten, von den Gewinnen der Unternehmen profitieren. Eine Mehrheit unterstützt den Kapitalismus, aber immerhin 35% der Befragten sind der Meinung, dass dieses Wirtschaftsregime nicht funktioniert und abgeschafft werden sollte.