Es kann sich rächen, wenn Eltern nicht oder zu spät mit ihren Kindern über Sexualität zu sprechen. Via Handy sind explizite und pornografische Inhalte nur einen Klick entfernt. Aber wie sagt man es Kindern und Jugendlichen? «Input» hat junge Menschen gefragt, wie sie es gerne hätten.
1. Sexualaufklärung - viel mehr, als aus einem Sachbuch zu rezitieren
André (18) findet, dass Sexualkunde auch den emotionalen Aspekt näherbringen muss und nicht nur biologisch erklären soll: «Es ist wie aus einem Sachbuch, wenn wir darüber reden. Sex ist nichts, was wir auswendig lernen. Es ist viel mehr – etwas, vom Schönsten, das es gibt. Trotzdem lernen wir es so, wie wir etwas über einen Baum lernen. Ein Baum ist auch toll, aber es ist trotzdem etwas anderes, cheggsch?». Für den Sexualpädagogen Mathias Schörlin geht Aufklärung noch viel weiter. Dazu gehöre unter anderem, wie man seinen eigenen Körper wahrnehme. Aber beispielsweise auch ganz einfach, wie man im Klassenchat miteinander kommuniziert und sich verhält.
2. Kein Bock auf Tabus
Sofia (25), Vera (23) und Laura (22) sind Teil des Jugendnetzwerks von Sexuelle Gesundheit Schweiz und klären selbst junge Menschen auf. Sie kritisieren, dass sich bis heute gewisse Tabus hartnäckig halten: «Weibliche Lust ist ein Tabu. Wir hätten nie darüber geredet, dass auch wir Selbstbefriedigung machen». Auch queere Themen fänden zu wenig Platz: «Bei queeren Themen gibt es heute mehr Sichtbarkeit, aber sie ist immer noch zu wenig da. Man gilt noch immer als etwas anderes – und das wollen (queere) Kinder und Jugendliche nicht sein.»
3. Was sollen die veralteten Rollenbilder?
Luca (23) wünscht sich modernere Ansätze: «Etwa, dass Verhütung nicht nur Sache der Frau ist». Vera vom Jugendnetzwerk findet: Aufklärung sei heteronormativ. «Benutz ein Kondom, um dich zu schützen! Toll, aber wie sollen sich zwei Frauen schützen, die gemeinsam Sex haben wollen?»
4. Sprecht es an, wenn bei eurem Kind ein Thema akut ist
Vera empfiehlt, dringende Gespräche unbedingt zu führen: «Mich hat neulich eine Mutter um Rat gefragt, die von ihrer Tochter beim Sex erwischt worden ist und meint, ihre Tochter sei nun traumatisiert. Die Tochter ist 13 – sie weiss , dass es Sex gibt. Die Frage ist aber: Was hat sie mitbekommen?» Vera rät hier, das Thema unbedingt anzusprechen, auch wenn es unangenehm ist. Die Mutter könnte der Tochter beispielsweise sagen : «Ja, es fühlt sich seltsam an, mit dir darüber zu sprechen. Aber ich möchte, dass du weisst, dass das meine Lust ist, dass ich es schön finde». Vera findet zudem, sie wolle nicht generalisieren, wie Kinder aufgeklärt werden sollen. Aber akute Situationen nicht zu thematisieren, sei gefährlich.
5. Bessere Aufklärung im Elternhaus
Für den Sexualpädagogen Mathias Schörlin beginnt Aufklärung bereits in jungen Jahren und zwar im Elternhaus. Wichtig sei dabei nicht dieses eine Aufklärungsgespräch, sondern dass man den Kindern das Gefühl vermittle, jederzeit über diese Themen reden zu können. In die Verantwortung nimmt er dabei vor allem auch die Väter.