Die Eigenschaften von Myzel klingen bestechend: biologisch abbaubar, formbar, isolierend, widerstandsfähig, leicht und ein ökologischer Fussabdruck, der bei nahezu null liegt.
An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) erforscht ein Team gerade die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten des organischen Materials.
Wie man derzeit an Myzel forscht:
«Wir arbeiten mit erneuerbaren Materialien aus Pflanzen und Pilzen», erklärt Tiffany Abitbol, Assistenzprofessorin im Labor, gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen RTS. «Wir möchten erforschen, was wir mit diesen Materialien machen können, denn sie sind wirklich funktional.»
Myzelziegel herzustellen, ist relativ einfach. «Wir brauchen nur wenige Zutaten: Myzel, Stroh – ein organischer Abfall von einem nahegelegenen Bauernhof – und Kaffee», so Chiara Moretti, Doktorin der Chemie und Forscherin im EPFL-Labor. «Ausserdem fügen wir Wasser hinzu, weil Myzel ein Lebewesen ist.» Das Stroh muss zerkleinert und mit dem Rest vermischt werden, um ein Substrat zu schaffen, in dem sich der Pilz entwickeln kann.
Architektonisches Experimentieren
Myzel begeistert Designer und Architektinnen rund um den Globus. Bisher wird es nicht in grossem Massstab eingesetzt, aber es ist Gegenstand von Experimenten wie dem «Growing Pavilion» des Niederländers Pascal Leboucq, der mit Myzel umhüllt ist. Oder auf dem grossen britischen Gartenevent «Chelsea Flower Show», das derzeit stattfindet, wo das Material in einem Pavillon des Designers Sebastian Cox integriert ist.
In der Schweiz ist der Lausanner Architekt Sébastien Tripod der Meinung, dass sich sein Beruf an die aktuellen Krisen anpassen muss. «Der Bausektor ist für ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das ist enorm», erklärt er.
Er experimentiert mit Pilzen als Baumaterial, in der Hoffnung, die Treibhausgasemissionen des Bausektors zu reduzieren.
Seine Prototypen sind im «Musée de la main» in Lausanne ausgestellt. Auch Architekturstudentin Charlotte Leurent ist von der Zukunft der «Myko-Tektur» überzeugt, die sie bereits im Rahmen ihres EPFL-Studiums kennengelernt hat. «Für ein Hochbauprojekt suchten wir nach leichten Materialien. Wir sind auf Myzel gestossen und sind sehr weit damit gegangen», erzählt sie.
Für extraterrestrische Behausungen
Myzel könnte sogar im Weltraum eingesetzt werden. Die NASA plant, das Pilzmaterial zu verwenden, um Behausungen auf dem Mond oder sogar auf dem Mars zu bauen. Die US-Raumfahrtbehörde hat bereits mehrere Millionen in die Pilzzucht investiert.
Diskutieren Sie mit:
«Es ist sehr leicht zu transportieren», betont Chiara Moretti. «Es wächst nur mit Abfällen. Daher könnte man es im Weltraum dafür verwenden, beispielsweise Wohnungen für Astronautinnen und Astronauten zu bauen, die die gleichen Eigenschaften haben wie Behausungen aus Stahl oder Beton», erklärt die Wissenschaftlerin.