Bisher war der Übertragungsweg der Zeckenenzephalitis bekannt: ein direkter Biss in die Haut des Menschen. Die kleine Milbe durchsticht die Haut mit ihrem Rüssel und beisst sich fest, um sich vom Blut ihres Opfers zu ernähren. Ein oft schmerzloser Prozess, da der Speichel der Zecken betäubende Substanzen enthält.
RTS-Audio zum Thema mit deutschen Untertiteln:
Nun kommt offenbar ein neuer Übertragungsweg hinzu: der Konsum von Rohmilch von Tieren, die sich zuvor infiziert haben. Festgestellt hat ihn die französische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Anses. Die Fälle ereigneten sich im Jahr 2020 in der Region Auvergne-Rhône-Alpes: Mehrere Personen entwickelten eine Enzephalitis, nachdem sie Rohmilchkäse von Ziegen und Kühen eines Betriebs verzehrt hatten, der in der Region um Oyonnax liegt, ca. 40 Kilometer Luftlinie westlich von Genf. «Rohmilch und Milchprodukte aus Ziegenrohmilch scheinen ein höheres Übertragungsrisiko aufzuweisen als Milchprodukte von anderen Tieren», erklärt die Behörde.
Verbreitungsgebiet wächst
Ein weiterer Grund zur Besorgnis laut der Behörde: «Das Virus weitet sein Verbreitungsgebiet aus mit Fällen ausserhalb des Elsass, einer Region, die historisch besonders betroffen ist.»
Angesichts dieser Risiken gibt die Anses mehrere Empfehlungen ab: Zunächst sollte die Überwachung der Viruszirkulation verstärkt werden – insbesondere bei Tieren, um eine Übertragung auf den Menschen frühzeitig zu verhindern. Auch die Pasteurisierung der Milch könne eine wirksame Massnahme gegen die Ausbreitung der Krankheit sein.
Die Behörde schlägt ausserdem vor, Ziegen vermehrt einzuzäunen. Schliesslich erinnert sie an Vorsichtsmassnahmen zur Vermeidung von Zeckenbissen, insbesondere das Tragen langer Kleidung in Risikogebieten wie Wäldern.
Schwere Folgen
Die Zeckenenzephalitis ist selten, sie betrifft nur etwa dreissig Personen pro Jahr. Aber die Folgen dieser Krankheit sind oft sehr schwerwiegend. Sie kann eine Hirnhautentzündung verursachen. Die französische Gesundheitsbehörde erklärt: «Von den symptomatischen Personen zeigen 20 Prozent bis 40 Prozent neurologische Anzeichen einer Meningitis, die zu Langzeitfolgen und Autonomieverlust führen können.»