Ein heute 30-jähriger ehemaliger Migros-Mitarbeiter hat fast drei Jahre lang seine Arbeitskolleginnen heimlich in den Umkleidekabinen der Filiale gefilmt.
Nachdem eine der Kolleginnen die dafür installierte Kamera zufällig entdeckte, wurde er sofort entlassen.
Am Dienstag stand der Mann nun vor Gericht. Von den 37 Klägerinnen waren rund zwanzig im Gerichtssaal anwesend.
Sie alle arbeiteten zur Tatzeit, zwischen 2019 und 2021, in der betroffenen Migros-Filiale in der Bahnhofshalle Cornavin im Kanton Genf in einem Nebenjob, um ihr Studium zu finanzieren.
Sie schilderten vor Gericht, wie die Tat für sie bis heute anhaltende Folgen habe: Angst vor Umkleideräumen und öffentlichen Toiletten, Paranoia, Beklemmungen sowie Misstrauen gegenüber Männern.
Der Angeklagte gab zu, die Straftaten begangen zu haben.
Über 1700 Aufnahmen sichergestellt
«Meine Mandantinnen wurden überwacht, ohne es bemerkt zu haben», erklärte Youri Widmer, Anwalt von 23 der Klägerinnen. Er betonte, dass der Angeklagte auch weiter in die Intimsphäre der Frauen eingedrungen wäre, wenn die Kamera nicht entdeckt worden wäre.
Auf der Festplatte des Mannes wurden über 1700 solcher Aufnahmen gefunden.
Die Ermittlungen ergaben zudem, dass der Angeklagte unter verschiedenen Vorwänden über 800 Mal die Frauenumkleiden betreten habe. Beispielsweise gab er vor, Probleme mit seinem Badge zu haben.
Der Anwalt des Angeklagten, Patrick Bolle, relativierte unter anderem: «Die Frauen wurden nicht völlig nackt gefilmt, höchstens im BH oder in der Unterhose.» Worauf Widmer erwiderte: «Man muss nicht nackt sein, um sich in seiner Privatsphäre verletzt zu fühlen.»
Ein Jahr Freiheitsstrafe
Die Migros hatte den Mann wegen seines Verhaltens gegenüber Frauen erst lediglich verwarnt.
Die Mitarbeiterinnen mussten ihre Verteidigung selbst organisieren, und die einzige Garantie, dass die Bilder nicht verbreitet wurden, stammte vom Angeklagten selbst, so Youri Widmer. Seine Mandantinnen fordern insgesamt rund 16'000 Franken Entschädigung.
Das Polizeigericht Genf hat den Mann nun zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wird zugunsten einer Therapie zur Bewährung ausgesetzt.
Zudem seien nach Ansicht des Polizeigerichts die Schilderungen der psychischen Beeinträchtigungen, die die Mandantinnen nach der zufälligen Entdeckung der Kamera durch eine Kollegin erlitten, glaubwürdig.
Deshalb sprach das Gericht 19 von ihnen eine Entschädigung von 1000 Franken und den drei am schwersten Betroffenen jeweils 2000 Franken zu.