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Kanton Waadt Nach Baustellen-Unfall bei Lausanne – Suva unter Druck

Es geht um einen Unfall auf einer Baustelle bei Lausanne vom letzten Sommer, bei dem drei Arbeiter ums Leben kamen. Die Suva ist beim Projekt sowohl Bauherrin als auch verantwortlich für die Baustellen-Inspektionen. Nun untersucht die Staatsanwaltschaft.

Am 12. Juli 2024 stürzte in Prilly, einem Vorort von Lausanne, plötzlich ein riesiges Baugerüst zusammen. Drei Arbeiter wurden getötet, elf weitere Personen verletzt. Wer war dafür verantwortlich? Das versucht die Waadtländer Staatsanwaltschaft im Rahmen einer strafrechtlichen Untersuchung herauszufinden.

Ein Zeuge schildert, wie es zum Unfall kam (dt. Untertitel)

Als Erstes ins Visier nahm sie die am Bau beteiligten Unternehmen, insbesondere das Gerüstbauunternehmen Roth und die Generalunternehmer JPF und Perspectives Construction. Das geht aus internen Untersuchungsdokumenten hervor, die dem Radio und Fernsehen der französischsprachigen Schweiz (RTS) vorliegen.

Ebenfalls im Fokus steht die Suva. Sie ist die Bauherrin dieses Grossprojekts, bei dem es um den Bau eines 60 Meter hohen Hauses mit 96 Wohnungen auf 15 Stockwerken geht. Die Suva ist die obligatorische Unfallversicherung der Schweiz für Arbeitnehmende. Gleichzeitig ist sie das wichtigste Organ für die Inspektion von Baustellen in der Schweiz.

Die Suva

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Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) entstand mit dem Gesetz für eine Unfallversicherung, das 1912 vom Schweizer Stimmvolk angenommen wurde. Heute sind bei der Suva fast 2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer versichert.

Ausserdem führt die Suva jährlich fast 10'000 Baustelleninspektionen durch. Sie ist dafür verantwortlich, zu überprüfen, ob die Regeln der Verordnung über die Unfallverhütung eingehalten werden.

Die Suva verfügt über ein Immobilienportfolio von rund 8.5 Milliarden Franken, das zur Deckung ihrer Leistungen dient.

Eine mögliche Fahrlässigkeit

Gemäss den Dokumenten aus der Untersuchung hat Staatsanwalt Eric Mermoud im Oktober der Suva die Anweisung erteilt, ihm eine Reihe von Dokumenten zur Verfügung zu stellen. Zu diesen Unterlagen gehören die Ausschreibungsunterlagen und Verträge mit den Subunternehmen, Fotos der Baustelle, vor allem aber alle Berichte über die Inspektionen der Baustelle, die der Katastrophe vorausgingen.

Gemäss mehreren Quellen geht es um eine mögliche Fahrlässigkeit bei der Verankerung des Baugerüsts für den 60 Meter hohen Bau.

Arbeiter bauten im Januar in Prilly bei Lausanne das Gerüst wieder auf, das im Sommer 2024 eingestürzt war.
Legende: Arbeiter bauten im Januar in Prilly bei Lausanne das Gerüst wieder auf, das im Sommer 2024 eingestürzt war. Keystone/Jean-Christophe Bott

Die Suva hat dem Staatsanwalt die geforderten Dokumente umgehend übermittelt. Gleichzeitig führt die Abteilung Arbeitssicherheit des Versicherers ihre eigene Untersuchung durch.

Ein Interessenkonflikt?

Untersucht die Suva sich selbst und befindet sich somit in einem Interessenkonflikt? Das ist die Kritik der Gewerkschaft Unia und ihres Bauleiters Pietro Carrobio: «Bauherr und gleichzeitig das Kontrollorgan der eigenen Baustellen zu sein, kann zu Verwirrung und einer gewissen Laxheit bei den Kontrollen führen.»

Die Suva wehrt sich gegen jeden Vorwurf eines Interessenkonflikts: «Es mag auf den ersten Blick so aussehen, aber das ist nicht der Fall», betont Hubert Niggli, Leiter des Finanzdepartements der Suva und in dieser Funktion verantwortlich für Immobilienangelegenheiten, gegenüber RTS.

«Die Personen und Organisationseinheiten, die für die Kontrolle der Baustellen zuständig sind, sind vom Rest der Suva, der Versicherung und der Anlagetätigkeit getrennt. Sie arbeiten im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Arbeitssicherheit, von der sie ihr Budget erhalten, und all das ist im Gesetz genau geregelt.

Ausserdem werden nicht die Investoren, die Bauherren, kontrolliert, sondern die Unternehmen, die auf den Baustellen tätig sind und Personal beschäftigen. Aus unserer Sicht gibt es daher keinen Interessenkonflikt.»

Hinweis

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In einer früheren Version des Titels und des Leads konnte der Eindruck entstehen, dass es sich im Artikel um eine neue Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt handelt. Diese wurden nun präzisiert.

RTS, Temps présent, 1.5.25, 20:10 Uhr;brus

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