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Konflikt um Medikamentenpreis Beliebte Hormontherapie wird künftig nicht mehr rückerstattet

Estradot, ein bekanntes Präparat zur Hormonersatzbehandlung, wird in der Schweiz nicht mehr von der Krankenversicherung übernommen. Der Grund: Die Gesundheitsbehörden und der Hersteller konnten sich nicht auf einen Preis einigen.

Millionen Frauen weltweit verwenden Estradot zur Linderung von Beschwerden während der Wechseljahre. Es ist eine Therapie zum Ersatz von Östrogen in Form eines transdermalen Pflasters.

Künftig wird das Medikament in der Schweiz nicht mehr von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen. Für Patientinnen mit einer Zusatzversicherung kann es unter Umständen teilweise erstattet werden. Alle anderen werden die Kosten selbst tragen müssen.

Männliche Hand hält kleines, weisses Pflaster in die Kamera
Legende: Viele Frauen nehmen Hormonersatz in Form eines transdermalen Pflasters ein, das zweimal pro Woche gewechselt wird. Keystone / Science Photo Library

«Es ist tragisch, dass ein Medikament, das so viel zur Frauengesundheit beitragen kann, indem es beispielsweise das Risiko von Osteoporose und anderen Organschäden verringert, einfach vom Markt genommen wird und es scheinbar niemanden kümmert», betont Simone Kobler, eine auf Hormonstörungen bei Frauen spezialisierte Gynäkologin, gegenüber SWI swissinfo.ch.

Der in Basel ansässige Arzneimittelhersteller Sandoz – derzeit der einzige Anbieter eines Östrogenpflasters in der Schweiz – erklärt, er habe aufgrund gestiegener Rohstoff- und Produktionskosten «keine andere Wahl» gehabt, als Estradot von der Liste erstattungsfähiger Arzneimittel zu streichen. Wegen der steigenden Kosten sei Estradot «zu den festgelegten Preisen nicht mehr wirtschaftlich», behauptet Danja Spring, Leiterin der Medienabteilung von Sandoz Schweiz.

Estradot ist kein Einzelfall, weder in der Schweiz noch weltweit. Preisstreitigkeiten zwischen Gesundheitsbehörden und Arzneimittelherstellern häufen sich. Kürzlich strich der Basler Pharmariese Roche ein neues Krebsmedikament von der Spezialitätenliste.

Für die Festlegung des Erstattungsbetrags vergleicht das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Preise für das Medikament in sieben Referenzländern sowie für ähnliche Produkte in der Schweiz. Das BAG überprüft die von ihm festgesetzten Preise alle drei Jahre und passt sie in vielen Fällen nach unten an.

Nachfrage nach Therapien steigt

Sandoz’ Entscheid, Estradot von der Spezialitätenliste zu nehmen, fällt in eine Zeit, in der die Nachfrage nach der Hormonersatztherapie stark ansteigt.

Es gibt immer mehr Belege für ihre Vorteile bei der Linderung von Wechseljahrbeschwerden wie Schlafstörungen, kognitiven Beeinträchtigungen und Hitzewallungen sowie bei der Vorbeugung von Osteoporose und der Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit.

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Mit der steigenden Lebenserwartung wächst weltweit die Zahl der Frauen in den Wechseljahren. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) machten Frauen ab 50 Jahren im Jahr 2021 weltweit 26 Prozent aller Frauen und Mädchen aus. Zehn Jahre zuvor hatte dieser Anteil noch bei 22 Prozent gelegen.

In der Schweiz befinden sich potenziell über 1.5 Millionen Frauen zwischen 40 und 65 Jahren in der Peri- oder Postmenopause. Eine im September 2025 veröffentlichte und vom Inselspital in Bern unterstützte Studie mit rund 2500 Frauen im Alter von 30 bis 67 Jahren ergab, dass 33 Prozent der Frauen aufgrund von Wechseljahresbeschwerden ihre Berufstätigkeit reduzierten, aufgaben oder eine Auszeit nahmen.

Es ist unklar, wie viele Frauen in der Schweiz eine Hormonersatztherapie durchführen lassen. Aber gemäss der Gynäkologin Simone Kobler ist die Nachfrage in den vergangenen Jahren gestiegen. Die Zahl der Beratungsanfragen in ihrer Praxis übersteige ihre Kapazität bei weitem.

Echo der Zeit, 15.11.2025, 18 Uhr;liea

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