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Medizinischer Erfolg Forschende wandeln erstmals Hautzellen in Eizellen um

Die Herstellung von Eizellen im Labor könnte unfruchtbaren Frauen helfen, eigene Kinder zu bekommen.

Zum ersten Mal ist es Forschenden gelungen, Eizellen aus anderen menschlichen Zellen herzustellen. Konkret haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Hautzellen in Eizellen verwandelt, die in der Lage waren, von einem Spermium befruchtet zu werden.

Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Idee, die bislang noch nach Science-Fiction klingt: Die Unfruchtbarkeit von Frauen zu behandeln, die keine Eizellen mehr produzieren können, indem man diese aus anderen Zellen gewinnt.

Und: «Das könnte auch gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen, ein genetisch mit beiden Partnern verwandtes Kind zu bekommen», erklärt Paula Amato, Studienautorin und Forscherin an der Oregon Health and Science University in den USA.

Forschung steckt noch in Kinderschuhen

Das Thema ist auch deswegen brisant, weil Länder wie Frankreich mit einem Mangel an Keimzellspenden konfrontiert sind. Und auch wenn es sich dabei bislang erst um ein Experiment handelt, wirft die künstliche Herstellung von befruchtungsfähigen Eizellen bereits wichtige ethische Fragen auf.

Ethische Fragen

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Angesichts des Fortschritts, den dieses Experiment darstellt, stellt sich die Frage, wie mit Eizellen aus dem Labor umgegangen werden sollte.

In Frankreich beispielsweise erklärte die nationale Biomedizin-Agentur in einer am Donnerstag auf ihrer Website veröffentlichten Mitteilung, dass die künstliche Erzeugung von Keimzellen «das Feld der menschlichen Fortpflanzung tiefgreifend verändern» könnte.

Sie sei «geeignet, die Dynamik der Familienbildung, die sozialen Normen rund um die Reproduktion und die genetischen Bindungen, die ihr zugrunde liegen, grundlegend zu verändern».

Aus Sorge vor einem Risiko der «Eugenik» angesichts der grossen Zahl an Embryonen, die mit einer solchen Technik erzeugt werden könnten, ruft die Agentur zur «Einrichtung eines internationalen ethischen und rechtlichen Rahmens auf, um ein unreguliertes Wettrennen um Innovationen zu verhindern».

Bei diesen Fragen mahnt Amato zur Geduld: Mindestens zehn Jahre werde es dauern, bis ihre Forschung eines Tages unfruchtbaren Patientinnen zugutekommen könnte.

Ihre Arbeit ist Teil eines aufstrebenden Forschungsfeldes: der In-vitro-Gametogenese, die aktuell bemerkenswerte Fortschritte macht. Anfang 2025 beispielsweise gelang es japanischen Forschenden, Mäuse mit zwei biologischen Vätern zur Welt zu bringen.

Das aktuelle Experiment von Paula Amato geht jedoch noch weiter: Hier wurden menschliche Zellen verwendet, die sich sogar zu Embryonen entwickelten – auch wenn diese schnell wieder zerstört wurden.

Verwendete Technik des «Kerntransfers»

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Die an der Studie beteiligten Forscherinnen und Forscher entfernten die Zellkerne aus natürlichen Eizellen und ersetzten sie durch Kerne aus Hautzellen.

Diese Technik, «Kerntransfer» genannt, ist schon seit Langem dafür bekannt, die Klonung von Tieren ohne Befruchtung zu ermöglichen – so auch beim berühmten Schaf Dolly im Jahr 1996.

Dass eine Zelle befruchtet werden kann, ist jedoch nur möglich, wenn sie 23 Chromosomen enthält, zu denen die 23 des Spermiums hinzukommen.

Da Hautzellen jedoch – wie alle nicht-reproduktiven Zellen – 46 Chromosomen besitzen, mussten die Forschenden die Hälfte davon erst mithilfe einer «Mitomeiose» genannten Technik entfernen.

Anschliessend versuchten sie, diese Zellen mit Spermien zu befruchten.

Bei einer kleinen Zahl der so entstandenen «Kandidaten-Eizellen» entwickelten sich daraus Embryonen, die einige Tage überlebten – ein Stadium, das theoretisch bereits ausreichen würde, um sie bei einer Patientin im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation einzusetzen.

Zudem wiesen diese Embryonen bereits vor der Zerstörung zahlreiche Anomalien auf – ein Zeichen dafür, dass die Forschung noch weit entfernt von einem praktischen medizinischen Durchbruch ist.

Doch die Ergebnisse sind bedeutend genug, um die Aufmerksamkeit vieler Forschender zu wecken. Es sei ein «spannender» Fortschritt, der «eines Tages den Weg zur Herstellung von Eizellen- und Spermien-ähnlichen Zellen für Menschen eröffnen könnte, die keine andere Möglichkeit haben», sagt beispielsweise die Reproduktionsmedizinerin Ying Cheon von der britischen Universität Southampton gegenüber dem «Science Media Center».

Der RTS-Audiobeitrag zur Eizellen-Studie (mit dt. Untertiteln):

RTS Le Journal horaire, 1.10.2025, 11:03 Uhr ; 

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