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Nach Schiesserei in Genf Mitglieder von Rockergangs wegen versuchten Mordes angeklagt

Die Genfer Staatsanwaltschaft hat gegen je zwei Mitglieder der Rockergangs Hells Angels und Bandidos Anklage erhoben. Es geht um eine Schiesserei, die sich 2022 in einer Bar in der Genfer Innenstadt ereignet hat.

Der Fall erregte damals grosses Aufsehen, nachdem das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) die Bilder von den Überwachungskameras des Lokals ausgestrahlt hatte. Diese Videos zeigen, dass die Bar an diesem Abend voll besetzt war. Gemäss Einschätzung von RTS hätte die Schiesserei leicht mit einem oder mehreren Toten enden können.

Das sind die Bilder der Schiesserei von 2022 (Beitrag von RTS)

Ende Juni gab nun die Genfer Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie gegen vier Mitglieder der beiden Motorradgangs Anklage erhoben hat. Sie präzisierte, dass sie das Strafgericht angerufen habe, was bedeutet, dass sie für mindestens einen der Angeklagten mehr als zehn Jahre Gefängnis fordern will. Die «Tribune de Genève» hatte als Erste darüber berichtet.

RTS konnte Einblick nehmen in die Anklageschrift. Im 20-seitigen Dokument präzisiert der Staatsanwalt Olivier Lutz zunächst, dass zwischen den Gangs der Bandidos und der Hells Angels eine Rivalität bestehe und dass am Abend der Schiesserei alles eskalierte, als Hells Angels in die Bar eindrangen, in der sich Bandidos befanden. Dann listet er auf, was er jedem Angeklagten zur Last legt.

Lange Liste von Vorwürfen

Ein Mitglied der Bandidos wird unter anderem wegen versuchten Mordes angeklagt, weil er zwei Schüsse mit seiner Schusswaffe abgegeben habe. Laut dem Staatsanwalt zielte er zunächst auf einen Hells Angel, «als sich dieser in einer Entfernung von 3,35 m von ihm befand (…), ohne ihn zu töten oder zu verletzen». Gemäss Anklageschrift zielte er dann auf einen zweiten Hells Angel, «als sich dieser in einer Entfernung von 5,95 m von ihm befand, und traf und verletzte ihn schwer an einem Hoden».

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Vor Gericht wird sich dieser Angeklagte auch wegen eines Mordes verantworten müssen, den er 2019 in Annemasse im benachbarten Frankreich begangenen haben soll. Er wird beschuldigt, einen Mann mit zwei Messerstichen getötet zu haben, nachdem es bei einem Drogendeal zu Problemen gekommen war. Gemäss Anklageschrift ging es dabei um den Kauf von einem Kilo Kokain für einen Betrag zwischen 60'000 und 70'000 Euro.

Der Angeklagte muss sich auch wegen «versuchter Drohung gegen Behörden und Beamte» verantworten. So soll er sich im Juli 2024, also zwei Jahre nach der Schiesserei, bei der Notrufnummer 117 gemeldet und gesagt haben, wenn die Polizei «einen Krieg in Genf will», werde sie ihn bekommen.

Das Bandido-Mitglied ist der einzige der vier Angeklagten, der sich derzeit in Untersuchungshaft befindet. Er wurde im Dezember 2024 nach einer Polizeirazzia in seiner Wohnung verhaftet. Bei dieser Gelegenheit entdeckten die Beamten, dass er «unrechtmässig Munition sowie zwei Schlagringe und ein Butterfly-Messer besass».

Ein Mitglied der Hells Angels muss sich ebenfalls wegen versuchten Mordes verantworten. Er soll in der Bar zwei Schüsse abgegeben haben. Der Staatsanwalt wertete das als Versuch, einem Bandido-Mitglied «das Leben zu nehmen». Dieser Angeklagte war bereits 1995 wegen Mordes verurteilt worden.

Der dritte und der vierte Angeklagte, je ein Mitglied der Hells Angels und der Bandidos, müssen sich wegen Beteiligung an einer Schlägerei verantworten, einer Straftat, die mit einer Höchststrafe von drei Jahren Gefängnis bestraft wird.

Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

RTS, 13.7.2025, 19:30 Uhr;brus

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