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Regelung ab neuem Schuljahr Kinder von Grenzgängern dürfen nicht mehr in Genf in die Schule

Schülerinnen und Schüler, deren Eltern von Genf nach Frankreich oder in den Kanton Waadt gezogen sind und die weiterhin in Genf den Unterricht besuchen, sollen das ab dem neuen Schuljahr nicht mehr dürfen. Dies betrifft zunächst 350 Kinder und Jugendliche, langfristig werden es 2000 sein.

Die Genfer Kantonsregierung hat beschlossen, dass Grenzgänger-Schülerinnen und -Schüler definitiv dort zur Schule gehen müssen, wo sie wohnen. Das betrifft diejenigen, die mit ihren Eltern in Frankreich oder aber im Kanton Waadt wohnen. Es gilt jedoch eine Übergangsregelung. Kinder und Jugendliche, die bereits in Genf zur Schule gehen, können ihren Bildungszyklus abschliessen, also noch zwei oder drei Jahre weitermachen. Danach werden sie weder in der Primar- noch in der Sekundarstufe I oder II zugelassen. Diejenigen, die während des Schuljahrs umziehen, können lediglich das Schuljahr beenden.

Betroffene bezeichnen den Entscheid als «inakzeptabel»:

Genf passe sich damit der Praxis anderer Kantone an, sagte Staatsrätin Anne Hiltpold, die für die Bildung zuständig ist. Derzeit sind 1195 Kinder der Primar- und Orientierungsstufe in Schulen des Kantons eingeschrieben, die ihren Wohnsitz in Frankreich haben. Fast 85 Prozent von ihnen sind Schweizerinnen bzw. Schweizer. In der Sekundarstufe II sind es 1326 Schülerinnen und -Lehrlinge, die im benachbarten Frankreich wohnen. Im Kanton Waadt wohnten im Jahr 2023 nur 16 Kinder und Jugendliche, die in Genf zur Schule gingen.

Die Berufsausbildung sei von dieser Massnahme nicht betroffen, da die Unternehmen frei seien, wen sie einstellen wollten, so Hiltpold. Zu Beginn des Schuljahrs 2026 wird Genf somit 350 Grenzgänger-Schülerinnen und -Schüler weniger haben. Auf lange Sicht werden 2000 davon betroffen sein.

Platzmangel und Einsparungen von 27 Millionen

Laut der Genfer Regierung gibt es mehrere Gründe für diesen Schritt. Da sei zum einen der Platzmangel in den Schulen, der ihr Sorgen bereite. Auch in den kommenden Jahren rechnet der Kanton mit einer steigenden Zahl an Schülerinnen und Schülern.

Aber auch finanzielle Überlegungen spielen eine Rolle. Genf verspricht sich von der Änderung Einsparungen von 27 Millionen Franken. Darüber hinaus erklärte Staatsrätin Anne Hiltpold den Schritt damit, dass soziale Bindungen besser gefördert werden könnten, wenn die Kinder und Jugendlichen an ihrem Wohnort in die Schule gingen.

«Das ist inakzeptabel»

Paolo Lupo, Präsident des Vereins «Genfer ohne Grenzen», äusserte sich gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) empört über die Entscheidung. Für ihn sei dies «inakzeptabel». «Genfer Bürger können ihren Kindern nicht mehr die Möglichkeit bieten, in dem Kanton zur Schule zu gehen, in dem sie Quellensteuern zahlen und in dem sie jeden Tag arbeiten», sagt Lupo. Der Kanton vergesse, dass viele Schweizer nach Frankreich ziehen würden, weil sie sich keine Wohnung in Genf leisten könnten. Es sei daher ungerecht, ihren Kindern die Schulbildung in ihrer Heimat zu verwehren.

Kritik aus Frankreich

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Der Entscheid der Genfer Regierung, Kinder von Grenzgängern künftig von ihren Schulen auszuschliessen, hat in Frankreich heftige Kritik ausgelöst. Christian Dupessey, der Stadtpräsident von Annemasse (Haute-Savoie), sprach von «einer brutalen Massnahme».

Der Entscheid sei «ohne vorherige Absprache» getroffen worden und habe «schwerwiegende Folgen für die Familien und die französischen Behörden», schrieb Dupessey in einer Pressemitteilung. Er wies darauf hin, dass im französischen Teil des Grossraums Genf die öffentlichen Dienstleistungen bereits jetzt unter einem starken Druck stehen, wegen der hohen Attraktivität der Schweiz, der hohen Lebenshaltungskosten und der Schwierigkeit für in Euro bezahlte Arbeitnehmer, eine Wohnung zu finden.

RTS; La Matinale; 12.6.2025; 06:27 Uhr;weds

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