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Verbale Gewalt und Demütigung Im Freiburger Spital herrscht ein Klima der Angst

In der Geburtsabteilung des Freiburger Spitals sei das Arbeitsklima so toxisch, dass einige Mitarbeitende sogar Suizidgedanken entwickelten. Das zeigen Recherchen des Westschweizer Radios RTS.

Seit ihrer mehrere Millionen teuren Renovierung im Jahr 2016 müsste die Geburtsabteilung des Freiburger Spitals (HFR) ein idealer Arbeitsplatz sein.

Doch dieses Ideal scheint heute in weite Ferne gerückt. Das Personal der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe berichtet von einem Klima der Angst und von grossem Leid am Arbeitsplatz.

Alle, die sich gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) geäussert haben, wollen anonym bleiben. Aus Angst vor Repressalien.

Die Mitarbeitenden beschuldigen Kaderärzte sowie den Chefarzt der Abteilung. Letzterer «herrscht über den gesamten Dienst. Das Pflegepersonal lebt in ständiger Angst, täglicher Demütigung, permanenter Kontrolle, übermässiger Kritik und Herabwürdigung», berichtet ein Betroffener.

RTS sprach auch mit Personen, die nicht direkt betroffen waren, jedoch mit ansehen mussten, wie Kolleginnen und Kollegen «durch die Hölle gingen».

Körperliches und psychisches Leid

Ein anderer Mitarbeitender erzählt: «Wir erlebten Besprechungen, in denen der Chefarzt Assistenzärzte anschrie und ausrastete. Danach kamen Kollegen weinend zurück.»

Einige klagen über Angstzustände, Schlafstörungen, Burnouts. Und auch drastischere Folgen: «Irgendwann fing ich an, Suizidgedanken zu entwickeln», erzählt ein Angestellter. «Ich stand kurz davor, es zu tun.»

Administrative Untersuchung gefordert

Die Freiburger Sektion des Schweizerischen Verbands des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) fordert jetzt eine administrative Untersuchung. «Die Situation in dieser Abteilung ist ungesund», sagt Regionalsekretär Gaétan Zurkinden. «Das Pflegepersonal fühlt sich nicht wohl, und das Verhältnis zur ärztlichen Leitung funktioniert nicht.»

Der RTS-Bericht zum HFR mit deutschen Untertiteln:

Diese Stellungnahme stützt sich auf zwei Briefe, die im Februar 2024 an die Pflegedirektion des Spitals geschickt wurden: der eine von Hebammen, der andere von der zuständigen Betriebsärztin. Beide Schreiben äussern grosse Besorgnis über die Missstände in der Abteilung.

«Bedauern» des Chefarztes

Konfrontiert mit den Vorwürfen, erklärt die Kommunikationsleitung des HFR gegenüber RTS, der Chefarzt der Abteilung bedauere die Spannungen zutiefst, die durch «einige seiner Aussagen, teils aus dem Zusammenhang gerissen» entstanden seien.

«Kein Mobbing und keine Belästigung», sagt der HFR-Direktor

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In der RTS-Sendung «Forum» äusserte sich Philippe Müller, der neue Generaldirektor des Freiburger Spitals (HFR), der seit dem 1. März im Amt ist, zu den Vorwürfen.

Er räumte ein, dass es im betroffenen Dienst verbale Spannungen gebe – dies habe auch eine interne Untersuchung bestätigt. Er betonte jedoch, dass keinerlei Fälle von Belästigung oder Mobbing festgestellt worden seien: «Es gibt tatsächlich Probleme in der Kommunikation und im Verhalten, aber kein Mobbing und keine Belästigung.»

Gleichzeitig versichert er, dass das Empfinden der Mitarbeitenden, insbesondere das Gefühl der Demütigung, ernst genommen wird.

Es seien Massnahmen ergriffen worden, darunter eine Entschuldigung durch den Chefarzt sowie die Organisation von Mediation-Workshops, um ein Vertrauensklima wiederherzustellen.

Er ergänzt, dass dem Personal mehrere Kanäle zur Verfügung stünden, um problematische Situationen zu melden – etwa die Personalabteilung oder das Sozial- und Gesundheitswesen des Kantons.

Bis heute sei jedoch keine formelle Beschwerde eingereicht worden.

Laut der Kommunikationschefin des Spitals sei das Handeln des Chefarztes stets dem Ziel der Exzellenz verpflichtet gewesen. «Diese Exzellenz hat ihren Preis – nämlich Strenge und hohe Ansprüche, die irritieren oder stören können», sagt sie. «Sie ist aber zentral für die Sicherheit von Patientinnen und Neugeborenen.»

Bereits umgesetzte Massnahmen

Die Sprecherin des HFR weist jede Behauptung von Untätigkeit oder Repressalien gegen Mitarbeitende, die Kritik äussern, zurück. In den vergangenen Jahren seien mehrere Meldungen aus der Geburtsabteilung analysiert worden, und man habe Massnahmen ergriffen.

So führten unangemessene Verhaltensweisen von Vorgesetzten zu Einzelcoachings, Nichtverlängerungen befristeter Verträge, drei Kündigungen und Mediationen.

Seit Februar 2024, so die Sprecherin weiter, sei «kein neuer problematischer Vorfall gemeldet worden».

Ausserdem zeige die jüngste interne Umfrage vom April 2025 unter dem Personal der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe eine «hohe Zufriedenheit hinsichtlich des Klimas und der Anerkennung der geleisteten Arbeit».

Hilfe bei Suizidgedanken

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Brauchen Sie Hilfe oder machen Sie sich Sorgen um einen Menschen? Hier finden Sie Hilfe und Informationen für Betroffene in Krisensituationen – rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos: 

RTS La Matinale, 5.6.25, 7:18 Uhr;liea

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