12'000 Beobachtungen von Vogelfans haben die Forschenden der Vogelwarte ausgewertet. Sie konnten damit analysieren, wie Temperatur, Niederschläge und Schneebedingungen die Fortpflanzungszeit des Schneesperlings beeinflussen.
«Unsere Daten zeigen, dass sich die Brutzeit im Schnitt um etwa sechs Tage pro zusätzlichem Grad im Frühling nach vorn verschiebt, aber im Sommer um über vier Tage pro Grad verkürzt», schreibt die Forscherin Carole Niffenegger in einer Mitteilung der Vogelwarte. Das bedeute, dass der Schneesperling seine Brutzeit nicht ganz an die sich verändernden Umweltbedingungen anpassen könne und in höhere Lagen gedrängt werde. Der Lebensraum sei aber gegen oben begrenzt.
Die Vogelwarte spricht von einem «Wettlauf gegen die Zeit». Wolle die Schweiz den Schneesperling retten, für den sie «eine hohe internationale Verantwortung» habe, müsse sie den Klimawandel bekämpfen.
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Der Schneesperling ist nicht der einzige Vogel, der vom Verschwinden bedroht ist. «Die Situation ist besorgniserregend», sagt Roberto Lardelli, Präsident von Ficedula, dem Verein für das Studium und den Schutz der Vögel in der italienischen Schweiz, gegenüber dem Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz (RSI). Der Klimawandel sei auch für andere Arten ein Problem, zum Beispiel für das Alpenschneehuhn.
Hinzu kämen andere Faktoren wie die Verfügbarkeit von Beute während der Fortpflanzungszeit. Davon seien zum Beispiel die Zugvögel aus der Sahelzone betroffen, die nicht auf Temperaturen reagieren, sondern auf die Veränderung des Sonnenlichts. Diese löst hormonelle Mechanismen in den Vögeln aus und bringt sie am Ende des Winters dazu, wieder nach Norden zu ziehen. «Wenn der Frühling in der Schweiz früh eingesetzt hat», erläutert Lardelli, «kann es sein, dass beispielsweise der Trauerschnäpper hier ankommt, wenn seine Beute ihren Zyklus bereits beendet hat.
So wird es mit weniger Nahrung ein Problem für die Fortpflanzung und das Überleben der Nestlinge.»
Die global milderen Winter haben laut Lardelli dazu geführt, dass viele insektenfressende Arten in geringeren Entfernungen von ihren Brutgebieten geeignete Bedingungen, also Nahrung, gefunden haben. «So haben die Schwalben begonnen, in Nordafrika und nicht mehr nur südlich der Sahara zu überwintern. Bei anderen Arten beobachtet man Veränderungen, die noch nicht interpretiert werden können.»
Ein anderes Beispiel seien die Mauersegler. Bei ihnen sei in der Schweiz ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum letzten Jahr festzustellen und an einigen Orten seien sie gar nicht mehr anzutreffen.
Nicht alle Veränderungen sind jedoch mit dem Klimawandel zu erklären. «Einigen Arten, wie der Feldlerche, geht es in der Ebene sehr schlecht», berichtet Lardelli. «Bei uns ist sie praktisch verschwunden. Aber in der Höhe geht es ihr gut.» Daraus zu schliessen, dass sie einfach in die Höhe gezogen seien, wäre aber falsch. «So funktioniert es nicht, sie sind Jahr für Jahr mehr verschwunden.» Das Gebiet in den niedrigen Lagen ist für sie als Lebensraum nicht mehr geeignet, weil sich die Landwirtschaft so stark verändert habe.