- Im Aargau gibt es 100 kleine und mittlere Stromversorger. Diese Elektrizitätswerke gehören in der Regel den Gemeinden oder Genossenschaften.
- Das vom Volk beschlossene Energiegesetz bringt eine Flut von Vorschriften mit sich. Viele EWs kommen nicht nach mit der Umsetzung.
- Der Verband aargauischer Stromversorger geht davon aus, dass seine Mitgliederzahl wegen Fusionen und Übernahmen sinkt.
Mittwoch, 28. August 2019: An einer Veranstaltung des Hightech-Zentrums Aargau zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 in den Gemeinden ist auch ein Vertreter der Genossenschaft Elektra Fislisbach anwesend. Diese versorgt das Dorf mit Strom. Er schildert, wie die Elektra mit immer neuen Vorschriften zur Energiewende vom Bund bombardiert wird. Was ihn besonders stört: Viele Auflagen gelten rückwirkend, zum Beispiel auf Anfang Jahr. Sie umzusetzen, sei technisch und administrativ enorm schwierig und aufwändig.
Der Elektra-Vertreter aus Fislisbach bittet die anwesenden Gemeinderäte und die Experten des Kantons, die Vorschriftenflut einzudämmen. Diese zeigen viel Verständnis für das Anliegen aus Fislisbach. Besonders gut kennt Ruedi Zurbrügg die Situation. Er ist der Geschäftsführer des Verbandes Aargauischer Stromversorger. 100 Mitglieder hat sein Verband. Es sind kleine und mittlere Stromversorger wie eben die Elektra Fislisbach.
Vom Papier in die Realität
Das neue Energiegesetz ziehe auch Änderungen in vielen anderen Gesetzen nach sich. All das müssten die Elektrizitätswerke umsetzen. Zurbrügg: «Die Umsetzung ist eine Herkulesaufgabe. Das verursacht im Moment Stau.» Der VAS-Geschäftsführer ist überzeugt, dass seine Mitglieder ihre Hauptaufgabe, die Gemeinden sicher mit Strom zu versorgen, erfüllen könnten. Aber es sei eine sehr grosse Herausforderung, sich auf die Energiewende einzustellen.
Ruedi Zurbrügg gibt ein Beispiel: Neu können sich private Besitzer von Photovoltaik-Anlagen zu Eigenverbrauchsgesellschaften zusammenschliessen. Die Photovoltaik-Besitzer produzieren und verbrauchen Strom also so weit wie möglich autark. Aber natürlich sind sie bei Überschüssen oder Engpässen auf das Netz des lokalen Stromversorgers angewiesen.
Juristisch und technisch sei es sehr aufwändig, solche Eigenverbrauchsgesellschaften zu organisieren, sagt der VAS-Geschäftsführer. «Im Gesetz ist das ein Artikel von ein paar Zeilen. Draussen bei den EW bedeutet nur schon die Analyse eines solchen Gesuches drei Tage Arbeit.»
Zwang zum Geld Verdienen
Um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, müssten die EWs in ihre Netze, in die IT und in ihr Knowhow investieren, sagt Ruedi Zurbrügg. Und das Geld dazu müssten sie selber verdienen. «Die EWs müssen sich selber bezahlen. Wenn ein EW nicht rentabel ist, muss sich eine Gemeinde gut überlegen, was sie damit macht.»
Wenn ein EW nicht rentabel ist, muss sich eine Gemeinde gut überlegen, was sie damit macht.
Im Durchschnitt haben die dem VAS angeschlossenen Stromversorger zwei Angestellte. Es sind also kleine Betriebe. Gefragt ist momentan Professionalisierung. Das setzt viele Elektrizitätsversorger unter Druck. Ruedi Zurbrügg geht davon aus, dass die Mitgliederzahl des VAS sinkt wegen Fusionen und Übernahmen: «Insgesamt gehen wir davon aus, dass es weniger EWs geben wird, das ist korrekt.»