Moutier:
Kantonswechsel der Gemeinde Moutier zum Kanton Jura
JA
54.9%
2'114
Stimmen
NEIN
45.1%
1'740
Stimmen
54.9 Prozent der Abstimmenden sagen Ja zu einem Kantonswechsel.
Eine deutliche Mehrheit möchte vom Kanton Bern in den Kanton Jura wechseln.
Eine Beschwerde ist jedoch hängig, darum muss noch das Gericht entscheiden.
Der Jubel in Moutier war gross, als das Resultat am Sonntagabend verkündet wurde. Mehrere tausend Personen schwangen Fahnen, jubelten, umarmten sich und sangen Lieder – tausende Projurassier gaben ihrer Freude Ausdruck.
Das Resultat war deutlich: 2114 Stimmen waren für, 1740 gegen einen Kantonswechsel. Damit machten 374 Stimmen den Unterschied, deutlich mehr als beim ersten Urnengang von 2017. Auch Jean-Christophe Geiser, Leiter der Bundesbeobachter, sprach von einem «sehr klaren» Ergebnis.
Berner Polizei hielt sich zurück
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Der Abstimmungssonntag in Moutier ist aus Sicht der Berner Kantonspolizei «weitgehend friedlich» verlaufen. Dieses Fazit zog ein Polizeisprecher am Abend auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Mehrere Personen würden allerdings zur Anzeige gebracht. Ihnen werde unter anderem vorgeworfen, Sachbeschädigungen verübt und Feuerwerkskörper entzündet zu haben.
Auch mögliche Verstösse gegen die Corona-Schutzmassnahmen würden abgeklärt, sagte der Sprecher weiter. Abstandsregeln und Maskenpflicht wurden in Moutier nach Beobachtungen von Reportern nur von einer Minderheit respektiert. Die Polizei griff aber nicht direkt ein.
Lob von den Bundesbeobachtern
Die Beobachter des Bundes haben am Sonntagabend eine positive Bilanz ihrer Mission in Moutier gezogen. Es seien keine Unregelmässigkeiten festgestellt worden, teilte das Bundesamt für Justiz (BJ) mit.
Die Beobachter lobten «die ausgezeichnete Zusammenarbeit» mit den kommunalen und bernischen Behörden vor und während der Abstimmung. Zudem stellten die Beobachter fest, dass die Kampagne ruhig verlaufen sei und die Behörden «äusserste Zurückhaltung» gezeigt hätten.
Archiv: Der Abstimmungssonntag in Moutier
Entscheid des Herzens
Die Argumente für ein Ja oder Nein zu einem Kantonswechsel blieben dieselben wie 2017: Die Separatisten sehen bessere Perspektiven im Kanton Jura, mit dem sie sich auch emotional verbunden fühlen. Das Pro-Komitee hat während der ganzen Kampagne daran erinnert, dass ein Ja eine Entscheidung des Herzens ist, gleichbedeutend mit einer besseren Zukunft und einem neuen Frieden.
Die Gegner eines Kantonswechsels befürchten Jahre der Unsicherheit aufgrund der bei einer Trennung von Bern nötigen Güteraufteilung. Das berntreue Lager hat aber gefasst auf die Abstimmungsniederlage reagiert. Steve Léchot, Sprecher des probernischen Komitees Moutierplus, bedauerte das Resultat – und beglückwünschte die Sieger.
Viele Leute – trotz Corona-Massnahmen
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Auf dem Bahnhofplatz in Moutier versammelten sich am Sonntagnachmittag tausende Personen. Die Jura-Befürworter warteten gespannt auf das Abstimmungsresultat – und feierten dann ausgelassen. Etliche hielten sich nicht an die Corona-Massnahmen, sie trugen beispielsweise keine Masken.
«Die Kantonspolizei beobachtet die Situation», sagt Christoph Gnägi von der Berner Kantonspolizei am frühen Abend auf Anfrage von SRF. Auch die Polizei stellt fest, dass die Schutzmassnahmen nicht von allen eingehalten werden; eine Bewilligung für die Versammlung liegt nicht vor, so Gnägi.
«Wir versuchen in Absprache mit der Gemeinde und den Vertretern der politischen Gruppierungen zu erreichen, dass die Schutzmassnahmen besser eingehalten werden», so Gnägi.
Ist eine Räumung des Areals ein Thema? Gnägi verneint. «Wir wollen den alten Konflikt nicht eskalieren lassen», sagt der Polizeisprecher und verweist auf die Vorgeschichte des Konflikts. Man beobachte die Situation weiter.
«Wir haben verloren!»
Die Abstimmungssieger müssten nun alle Einwohnerinnen und Einwohner Moutiers in diese neue Zukunft im Kanton Jura einbeziehen, sagte Léchot in einer kurzen Rede vor Medienschaffenden im Kongresszentrum Forum de l'Arc. Dieses Resultat bedeute das Ende der Jurafrage. Moutier habe damit seiner Umgebung Adieu gesagt und werde sich im Kanton Jura zuerst einen Platz schaffen müssen, hiess es von den Berntreuen.
Sie hofften, dass am Sonntag jene abgestimmt hätten, welche tatsächlichen ihren Lebensmittelpunkt in Moutier hätten, also stimmberechtigt seien. Allerdings weise das klare Abstimmungsresultat darauf hin.
Wahlbetrug im Jahr 2017
Am 18. Juni 2017 sagte die Gemeinde Moutier noch mit einer knappen Mehrheit ja zum Kantonswechsel. Es kam jedoch zu Unregelmässigkeiten – es ging um falsche Wohnsitze, Abstimmungstourismus und Unregelmässigkeiten mit dem Stimmregister – weshalb die Abstimmung annulliert wurde.
Noch nie dagewesener Aufwand
Um ein erneutes Debakel zu verhindern, betrieb der Bund einen nie dagewesenen Aufwand. Er wollte sicherstellen, dass das Ergebnis von allen Beteiligten respektiert wird.
Unter besonderer Beobachtung stand auch das Stimmregister, nachdem beim ersten Urnengang Vorwürfe zu Abstimmungstourismus laut geworden waren. Mehrere hundert Personen mussten in den letzten Monaten einen Fragebogen zum Lebensmittelpunkt und ihrem politischen Wohnsitz ausfüllen.
Die Jurafrage
Der Urnengang soll ein Kapitel abschliessen, das Anfang der 1990er-Jahre mit der Gründung der Interjurassischen Versammlung begonnen hatte. 1994 entschied sich die Bevölkerung von Moutier in der Jurafrage relativ knapp, beim Kanton Bern zu bleiben. Seither wehrt sich dagegen eine starke separatistische Minderheit. Mehrmals kam es zu schweren Unruhen und Strassenschlachten.
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