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Erntehelfer aus dem Ausland Bald weniger Polen und Rumänen wegen Inländervorrang

Die Masseneinwanderungsinitiative hat Auswirkungen auf die Thurgauer Landwirtschaft. Flüchtlinge könnten profitieren.

Im Kanton Thurgau würde ohne die Erntehelfer aus Polen und Rumänien nichts mehr gehen. Kaum ein Betrieb im Obstbau und bei den Beerenkulturen kommt ohne sie aus. Aber die Helferinnen und Helfer aus dem Ausland sind unter Druck.

Seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative der SVP gilt auf dem Arbeitsmarkt: Bei Berufsgruppen wie zum Beispiel den Erntehelfern müssen die freien Stellen zuerst dem RAV gemeldet werden. Erst danach kann die Stelle an jemanden aus dem Ausland vergeben werden. Dieser sogenannte Inländervorrang kann die Herkunft von Thurgauer Erntehelfern stark verändern.

Langjährige Beziehungen

Auf vielen Thurgauer Landwirtschaftsbetrieben arbeiten Polen und Rumänen, sei es im Sommer oder im Herbst, bei der Ernte. Oft sind langjährige Arbeitsbeziehungen entstanden und auch Freundschaften. So auch auf dem Hof von Jürg Hess in Roggwil.

Die 39-jährige Beate Zan kommt seit sieben Jahren auf den Hof, um zu arbeiten. Beate Zan sagt, sie komme in die Schweiz, weil sie hier mehr verdiene und nicht weil es in ihrer Heimat keine Arbeit gebe.

Und Beate Zan ist nicht die einzige. Noch ist es für Erntehelfer aus Polen und Rumänien attraktiv in der Schweiz zu arbeiten - der Lohn liegt für Ungelernte bei 3250 Franken brutto. Wenn man mehr Erfahrung hat, bekomme man bis zu 4000 Franken, sagt der Thurgauer Landwirt Jürg Hess.

Flüchtlinge könnten profitieren

Der Leiter des Thurgauer Amtes für Wirtschaft und Arbeit, Daniel Wessner, ist überzeugt, dass diese Erntehelfer aus Polen und Rumänien unter Druck kommen werden. Es gebe aus seiner Sicht viel ungenutztes Potenzial auf den Regionalen Arbeitsvermittlungsämtern RAV.

Daniel Wessner
Legende: Daniel Wessner, Leiter des Thurgauer Amtes für Wirtschaft und Arbeit. zvg / Kanton Thurgau

Das Potenzial sieht er aber nicht bei den Schweizerinnen und Schweizern, sondern vor allem bei den Flüchtlingen und den vorläufig Aufgenommenen. Man könne die Landwirte zwar nicht verpflichten, diese Menschen anzustellen und auf Erntehelfer aus Polen oder Rumänien zu verzichten. Der politische Druck, beispielsweise über Bauernverbände, werde aber steigen, ist Wessner überzeugt.

Bei den Erntehelfern bedeutet der Inländervorrang also vor allem, dass sich die Landwirte entscheiden müssen, ob sie wie in den letzten Jahren auf Polen und Rumänen setzen oder auf Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene. Wie sich die Branche entscheiden wird, wird sich weisen. Letztlich ist es die Entscheidung der Arbeitgeber.

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