Neue Forschungen der Universität von Princeton und eine Vorveröffentlichung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und der Universität von Kalifornien in Berkeley werfen ein neues Licht auf die Beziehung zwischen Homo sapiens und Neandertalern.
Diese Studien zeigen, dass unsere Vorfahren vor rund 50'000 Jahren nicht nur nach Europa einwanderten, sondern auch über Jahrtausende hinweg enge Kontakte, einschliesslich sexueller Beziehungen, mit den dort ansässigen Neandertalern pflegten. Diese sexuellen Kontakte erstreckten sich wohl über etwa 7000 Jahre, beginnend vor rund 47'000 Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt das Team aus Leipzig und Berkeley.
Genetische Vermischung als Überlebensvorteil
Die genetischen Analysen zeigen, dass die Vermischung mit Neandertalern unseren Vorfahren bedeutende Vorteile verschafft haben könnte. Die Studie aus Leipzig und Berkely untersuchte das vollständige Erbgut von rund 60 urzeitlichen Homo sapiens und verglich es mit dem Genom von einigen Hundert heute lebenden Menschen. Dabei wurden an die 350 Gene identifiziert, die von Neandertalern stam me n.
Diese Gene könnten den frühen Homo sapiens beim Überleben in Europa unterstützt haben. SRF-Wissenschaftsredaktorin Anita Vonmont erklärt, inwiefern: «Einige Neandertalergene führten zur Aufhellung der Haut der aus Afrika kommenden Homo sapiens. Hellere Haut kann mehr Vitamin D produzieren. Und das ist im sonnenarmen Winter in Europa wichtig. Zudem haben die Homo sapiens Gene des Immunsystems von den Neandertalern erworben. Das schützte sie womöglich besser gegen Krankheiten aus Europa.»
Das Ende der Neandertaler – Vermischung statt Gewalt
Im Gegensatz zu den Vorteilen für den Homo sapiens scheinen die Neandertaler weniger von dieser genetischen Vermischung profitiert zu haben. Vor etwa 40'000Jahren starben die Neandertaler aus. Während einige Theorien vom gewaltsamen Ausrotten der Neandertaler durch den Homo sapiens ausgehen, wird nun eine andere Annahme wahrscheinlicher.
Da die beiden Menschenarten so lange und eng miteinander verkehrt haben, haben sie wohl friedlich miteinander gelebt und sich zunehmend vermischt. Interessant in diesem Kontext: Die neuen Daten der Universität Princeton zeigen, dass die Neandertalerpopulation um 20 Prozent kleiner war als angenommen. Fachleute schätzen, dass in Europa nur wenigen tausend Individuen lebten. Es kann daher gut sein, dass die die Neandertaler einfach in der Population der Homo sapiens aufgingen.
Und: Da sie zahlenmässig stark unterlegen waren, übertrugen sie nur ein bis zwei Prozent ihres Erbguts an die heutigen Menschen. Diese Hypothese gewinnt durch die neuesten Erkenntnisse an Aufwind.