Beim Fachgremium ist eine Meldung eingegangen, die Bischof Markus Büchel veranlasst hat, gegen einen pensionierten 78-jährigen Priester Strafanzeige zu erstatten. Ihm werden sexuelle Übergriffe gegen einen Minderjährigen in den Jahren 1987 bis 1996 vorgeworfen. Der Priester ist geständig. Für die Präsidentin des Fachgremiums, Franziska Gschwend, ist dies ein spezieller Fall, weil der Täter noch lebt.
SRF News: Der heute bekannt gewordene Fall ist juristisch verjährt. Wieso hat das Opfer so lange gebraucht, um sich zu wehren?
Franziska Gschwend: Beim konkreten Opfer kann ich aus Opferschutzgründen nichts sagen. Es kann aber generell gesagt werden, dass die Opfer sehr lange brauchen, um über das Geschehene sprechen zu können und bis sie bereit sind, mit ihnen unbekannten Personen über die Taten zu sprechen. Es ist deshalb nichts Aussergewöhnliches, dass die Opfer erst so viel später reden.
Das Bistum hat jetzt Strafanzeige eingereicht, und der Priester ist bei der Katholischen Kirche angezeigt worden. Zudem ist ihm verboten worden, seelsorgerlich tätig zu sein. Was nützen diese Massnahmen zu diesem Zeitpunkt?
Wir können so sicherstellen, dass er nicht mehr seelsorgerlich tätig ist. Zudem ist es ganz wichtig, dass der Fall ernsthaft angeschaut wird - egal ob verjährt oder nicht - um dem Opfer Gehör zu bieten. Oft ist dies ja die Dramatik, dass die Opfer Angst haben, nicht ernst genommen zu werden oder kein Gehör zu finden. Deshalb ist das so wichtig.
Bischof Markus und der Täter haben sich beim Opfer entschuldigt. Gibt es auch eine finanzielle Entschädigung für das Opfer?
Ja. Die Katholische Kirche hat vor einigen Jahren einen Genugtuungsfonds für Opfer von verjährten Übergriffen eingerichtet. Wir haben einen Antrag gestellt und dieser wurde gutgeheissen. Es werden bis zu 20'000 Franken für schwerwiegende Fälle gesprochen. In diesem Fall ist die Tat als schwerwiegende Tat eingestuft worden.
Ist dies ein exemplarischer Fall?
Jeder Fall ist ein Einzelfall. Es ist insofern ein spezieller Fall, da der Täter noch lebt. Das haben wir relativ selten. Er ist insofern exemplarisch, da es lange ging, bis sich das Opfer melden konnte. Das sehen wir relativ häufig und haben es deshalb auch häufig, dass der Täter nicht mehr lebt, und wir in dieser Richtung nicht mehr aktiv werden können.
Wieviele Fälle von Missbrauch sind seit 2002 beim Fachgremium gemeldet worden?
Wir geben keine Zahlen raus.
Warten Sie einfach ab, bis sich jemand meldet?
Wir haben keine untersuchungsrichterlichen Kompetenzen und können deshalb nicht aktiv nach Fällen suchen. Insofern, ja, wir warten ab. Was wir machen, ist im Bereich Prävention mitzuwirken. Das Bistum hat ein Schutzkonzept und das Fachgremium nimmt hier Einfluss, dass diese Prävention wirklich umgesetzt wird.
SRF1, Regionaljournal Ostschweiz. 17:30 Uhr; schüp/kobk