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30 Jahre Amazon Amazon erobert die ganze Welt – doch ein Land leistet Widerstand

Wie es Amazon an die Weltspitze schaffte und die Schweiz dabei bis heute ein Sonderfall blieb.

Was vor 30 Jahren als amerikanische Online-Buchhandlung begann, ist heute das grösste Online Handels-Imperium, das in 100 Länder liefert. Und Amazon ist noch viel mehr: Der Internet-Pionier dominiere acht Industrien, erklärt Dana Mattioli, Buchautorin und Journalistin beim Wall Street Journal, in einem Bloomberg-Video-Interview.

Zum Beispiel das Cloud-Geschäft: Hier erwirtschaftete Amazon 2024 als weltgrösster Anbieter 108 Milliarden Dollar Umsatz. Im Online-Werbemarkt rangiert Amazon hinter Google und Facebook auf Platz drei und die hauseigenen Filmstudios beliefern bis zu 240 Millionen Streaming-Abonnenten weltweit.

Amazon hat sich mit Lügen, Betrug und Kopieren an die Spitze gebracht.
Autor: Dana Mattioli Unternehmens- und Tech-Journalistin beim Wall Street Journal

Amazons Erfolgsgeschichte wirft Fragen auf. Dana Mattioli dokumentiert in ihrem Buch, wie der Konzern seine Marktstellung rücksichtslos ausnutzt. Sie wirft dem Konzern vor, systematisch die Ideen von Konkurrenten zu kopieren oder zu stehlen: «Amazon hat sich mit Lügen, Betrug und Kopieren an die Spitze gebracht.»

In einer Reportage des amerikanischen Fernsehsenders PBS erzählt der Verleger Dennis Johnson, wie Amazon ihn unter Druck setzte und eine höhere Marge verlangte. Als er nicht nachgab, verschwand das Buchangebot seines Verlages Melville House Publishing kurzerhand aus dem Amazon Shop.

Mit der Idee eines anderen an die Spitze

Anfang der 90er-Jahre nutzten nur drei Prozent der US-Amerikaner das Internet. Hedgefonds-Gründer Dave Shaw glaubte aber schon damals, zu wissen, wie man das Internet im Verkauf nutzen könnte. Er prophezeite, dass Menschen eines Tages Gartenschläuche online bestellen würden. Überzeugt von seiner Vision, beauftragte er einen seiner Angestellten mit einer Marktanalyse. Der Name des Informatikers: Jeff Bezos.

Karikatur eines Schweizer Dorfes mit Mauer und Flagge, umgeben von Kartons.
Legende: Festung Schweiz? Amazon tut sich schwer, hierzulande Fuss zu fassen. KI-Bild: Gemini/SRF

Je tiefer Bezos in die Materie eintauchte, desto grösser wurde seine Begeisterung: Das Internet-Wachstum erschien ihm überwältigend, das Potenzial grenzenlos.

Vorteile über Vorteile

Im Frühsommer 1994 kündigte Bezos seinen Job an der Wall Street und gründete den ersten Online-Buchladen. Am 16. Juli 1995 verschickte Amazon die erste Lieferung. Nur zwei Jahre später war das Start-up an der Börse bereits 700 Millionen Dollar wert. Amazon nutzte viele Vorteile:

  • Steuern: Der Standort Seattle ermöglichte jahrelang Mehrwertsteuer-Befreiung.
  • Kosteneffizienz: Reiner Online-Handel benötigt kein teures Ladennetz.
  • Investoren-Vertrauen: Bezos’ Wall-Street-Vergangenheit sicherte Kapital, obwohl er Jahre ohne Gewinn ankündigte.
  • Daten: Mit der Analyse der riesigen Datenmengen zum Verkaufsverhalten kann Amazon das Angebot und die Werbung optimieren.

Mit den Daten setzte Bezos eine Aufwärtsspirale in Gang. «Mehr führt zu mehr. Mehr Produkte führen zu mehr Kunden, führt wieder zu mehr Verkäufen», sagt Oliver Gassmann, der an der HSG zu Plattformökonomie forscht: «Kleinere Konkurrenten bleiben praktisch chancenlos.»

Die Schweiz ist Amazons blinder Fleck

Während Amazon in den USA (40 Prozent Marktanteil), Deutschland (45 Prozent), Kanada und Japan den Online-Handel dominiert, hat der Konzern in der Schweiz nur ein Krümelchen (8 Prozent).

«Der kleine Schweizer Markt mit seiner Mehrsprachigkeit ist komplex», erklärt HSG-Professor Oliver Gassmann. Amazon tue sich schwer mit Nischen, weil das Geschäftsmodell auf Standards ausgerichtet sei. Trotz hoher Kaufkraft verzichtet Amazon deshalb auf einen eigenen Schweizer Online-Shop – der Aufwand sei zu gross. Daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Talk, 10.7.2025, 9:00 Uhr

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