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Burnout bei Bauern Die leise Melancholie der Bauernschaft

Romantisiert wird das Bauernleben noch heute: Selbstbestimmung auf dem eigenen Hof, umgeben von Tieren, draussen in der Natur und einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen. Die Realität spricht jedoch eine andere Sprache – eine Branche am Limit der mentalen Gesundheit.

Um 5:30 Uhr klingelt Jasmin Röschs Wecker. Umdrehen, weiterschlafen und sich auf gleitende Arbeitszeiten verlassen liegt bei ihr nicht drin. Die Tiere warten. Nicht immer fiel es Jasmin einfach, sich aufzuraffen: «Ich konnte nicht mehr aufstehen, war extrem müde und habe nichts mehr auf die Reihe bekommen.» Die Diagnose: Depression.

Ich konnte nicht mehr aufstehen, war extrem müde und habe nichts mehr auf die Reihe bekommen.
Autor: Jasmin Rösch Betriebsleiterin

Rückblickend, erkennt Rösch, habe sie die Arbeit als Bäuerin zu sehr romantisiert. Vor drei Jahren hatte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann den Hof seiner Eltern übernommen, inklusive Startschwierigkeiten: schlechtes Wetter zerstörte das Gemüse auf dem Hof und überhaupt musste das Anwesen erst auf Vordermann gebracht werden.

Bäuerin Jasmin Rösch im Gespräch
Legende: Jasmin Rösch spricht offen über ihre psychischen Probleme als Bäuerin. SRF

So wie Jasmin Rösch geht es vielen Landwirten und Landwirtinnen. Doppelt so häufig leiden sie an Burnout und Depression als der Rest der Bevölkerung – rund zwölf Prozent. Dies ergab eine Studie des Kompetenzzentrums des Bundes für landwirtschaftliche Forschung «Agroscope» bereits 2017. Auch jetzt, Jahre nach der Veröffentlichung der Studie, bestätigen der Schweizer Bauernverband sowie der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband die Dringlichkeit des Problems.

Mehrfachbelastung als Ursache

Die Gründe sind vielfältig, wie eine Onlineumfrage der Ostschweizer Fachhochschule OST aus dem Jahr 2021 zeigt : Finanzielle Probleme im Betrieb, wie Schulden und der gesellschaftliche Druck beschäftigt viele. Auch das Einhalten rechtlicher Vorschriften, administrative Aufgaben sowie Konflikte aufgrund der engen Verflechtung von Arbeit und Familie wurden unter anderem als belastend angegeben.

Interview mit Monika Lorez-Meuli

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Monika Lorez-Meuli ist diplomierte Bäuerin und Projektmitglied «Burnout Prävention in der Landwirtschaft»

SRF: Wie soll Landwirte und Landwirtinnen mit dem Projekt «Burnout Prävention in der Landwirtschaft» geholfen werden?  
Monika Lorez-Meuli: Wir möchten ein Netzwerk schaffen aus sogenannten Brückenpersonen und Peers. Brückenbauende sind beispielsweise Tierärzte oder Futterlieferantinnen, die regelmässig auf den Betrieben sind und oftmals dadurch Vertraute von Bauern und Bäuerinnen sind. Sie möchten wir schulen, damit sie für das Thema sensibilisiert sind, um frühzeitig die Warnzeichen eines Burnout oder einer Depression zu erkennen und fähig sind, die Landwirte und Landwirtinnen darauf anzusprechen.  

Welche Rolle spielen sogenannte «Peers» dabei? 
«Peers» sollen dieses Netzwerk weiter ausbauen. Sie sind Landwirtinnen und Landwirte, die bereits ein Burnout oder eine Depression erlebt haben. Sie können ihre Erfahrungen teilen und anderen Personen helfen, die ähnliches durchleben. Zu den Aufgaben von «Peers» und Brückenpersonen gehört zudem, den Zugang zu professionellen Beratungsangeboten zu erleichtern.  

Gibt es Generationsunterschiede, was den Umgang mit psychischen Problemen in der landwirtschaftlichen Branche anbelangt?  
Ältere Bauern und Bäuerinnen haben früher häufig nicht wirklich gelernt, über solche Themen zu reden. Ich denke, heute ist man sich dem schon viel bewusster und lernt teilweise bei der Ausbildung eine gewisse Sensibilität dem Thema gegenüber. Auch fällt es der jüngeren Generation generell einfacher, über Befindlichkeiten zu reden.

Das Gespräch führte Joshua Longhouse.

Laut Monika Lorez-Meuli, Projektmitglied «Burnout Prävention in der Landwirtschaft» der Ostschweizer Fachhochschule, seien es meist mehrere der genannten Faktoren, welche die psychische Gesundheit beeinflussen und das «Fass zum Überlaufen bringen» (siehe Infobox).

Ältere Bauern und Bäuerinnen haben früher häufig nicht wirklich gelernt, über solche Themen zu reden.
Autor: Monika Lorez-Meuli «Burnout Prävention in der Landwirtschaft»

Falsche Resilienz

Nur schon über psychische Befindlichkeiten zu reden, sei in der Landwirtschaft nicht immer einfach, erzählt Betriebsleiterin Jasmin Rösch. Eine Gefühlsblindheit, getragen von den älteren Generationen, schwinge stetig mit.

Auch Monika Lorez-Meuli bestätigt, dass die jüngere Generation offener bezüglich der eigenen mentalen Gesundheit ist: «Ältere Bauern und Bäuerinnen haben früher häufig nicht wirklich gelernt, über solche Themen zu reden. Ich denke, heute ist man sich dem schon viel bewusster und lernt teilweise bei der Ausbildung eine gewisse Sensibilität dem Thema gegenüber.» 

Es ist in den Köpfen der Menschen, dass der Bauer einfach viel arbeitet. Es ist egal, wie es ihm geht, es ist egal welches Wetter ist.
Autor: Jasmin Rösch Betriebsleiterin

Für Jasmin Rösch ist dies aber nur der Anfang: «Es braucht auch Menschen aus der Landwirtschaft, die offen über Befindlichkeiten reden. Es ist in den Köpfen der Menschen, dass der Bauer einfach viel arbeitet. Es ist egal, wie es ihm geht, es ist egal, welches Wetter ist. Es wird oft der Eindruck vermittelt, dass es in Bauernkreisen keine psychischen Probleme gibt.»

«SRF Impact»

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SRF 3, 11.5.2023, 14:15 Uhr

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