Der Wohnungsmangel in Städten und Agglomerationen ist ein lukratives Geschäft für Abzocker im Internet. Sie schalten auf vielen Schweizer Immobilienportalen Fake-Inserate mit Mietwohnungen, die es gar nicht gibt.
Beim Bundesamt für Cybersicherheit BACS hat sich die Anzahl der Meldungen zu Fake-Inseraten innerhalb von zwei Jahren nahezu verdoppelt. Die Dunkelziffer liegt mutmasslich viel höher.
Opfer zeigen ihren Fall oft nicht an, weil sie sich schämen, auf den Inserate-Scam hereingefallen zu sein und den falschen Vermietern Vorauszahlungen in Höhe von mehreren Tausend Franken geleistet zu haben.
So erkennen Sie Fake-Inserate:
Ein ausgesprochen attraktives Angebot in einer Region mit Wohnungsmangel ist wie ein Sechser im Lotto. Deshalb ist Vorsicht angebracht. «Mein Gefühl sagte mir, dass es fast zu gut sei, um wahr zu sein», sagt Anja Z.
Sie entdeckte ihre Traumwohnung in Lyss BE. Die 29-Jährige überwies der vermeintlichen Vermieterin eine Kaution von 1'450 Franken, um die Wohnung besichtigen zu können. Diese hatte zuvor geschickt ihr Vertrauen erschlichen. Das Inserat war ein Fake – die Wohnung gab es nie.
«Leider ein typischer Fall», sagt Kundendienst-Leiterin Gerdy Ling. Sie überprüft beim Schweizer Immobilienportal Newhome die Wohnungsinserate auf ihre Echtheit.
«Die Leute befürchten, die Wohnung ihres Lebens zu verpassen. Das verleitet sie zu unvorsichtigem Verhalten.» Interessenten würden Warnsignale ignorieren, die sie mit nüchternem Blick vielleicht erkannt hätten.
Günstiger Wohnraum ist rar und begehrt – besonders in grösseren Städten und Agglomerationen. Das wissen die Scammer. Sie locken häufig mit tiefen Mietzinsen, zum Beispiel mit einer Zweizimmerwohnung in Zürich für knapp tausend Franken – ein verdächtig gutes Angebot, das sich als Fake herausgestellt hat.
Doch nicht immer ist es so offensichtlich: Inzwischen liegen die Fake-Mietpreise nicht zwingend deutlich unter Marktpreis oder sie sind teilweise gar nicht mehr auffällig, sagt Kundendienstleiterin Gerdy Ling von Newhome.
Im Zweifelsfall kann die Bilder-Rückwärtssuche weiterhelfen. Fotos von echten Wohnungen werden von Scammern häufig kopiert und für Fake-Inserate missbraucht. Mit der Bilder-Rückwärtssuche kann das aufgedeckt werden. (siehe Video).
Eine sehr günstig angepriesene Mietwohnung in Zürich hat SRF Investigativ mit wenigen Klicks als Fake identifiziert – weil die identische Wohnung auch in Genf und im französischen Lille angeboten wurde.
«Wir wohnen aktuell im Ausland und können zur Wohnungsbesichtigung leider nicht persönlich anreisen.»
Vorsicht bei solchen Aussagen! In allen Fällen, die SRF Investigativ über mehrere Monate recherchiert und dabei zahlreiche Fake-Inserate entdeckt hat, hielten sich die vermeintlichen Vermieter angeblich im Ausland auf.
Einmal gaben sie sich als Schweizer Expats in Spanien aus, ein anderes Mal als «Cruise-Ship-Manager» auf hoher See. Oder sie waren «berufsbedingt in Finnland».
Auch Anja Z. aus Lyss BE wird von der falschen Vermieterin auf diese Weise getäuscht. «Sie hat mir vorgegaukelt, in Spanien zu leben, und dass eine Anreise zur Wohnungsbesichtigung für sie mit einem finanziellen Aufwand verbunden sei. Um sich angeblich vor No-Shows abzusichern, hat sie eine Kaution im Voraus verlangt.»
Anja Z. glaubt und vertraut der vermeintlichen Vermieterin und überweist ihr 1'450 Franken Kaution für eine Wohnung, die es nicht gibt.
Im Zweifelsfall: Nicht nur chatten oder mailen, sondern telefonieren oder auf einen Video-Call bestehen. Denn die Scammer sind nicht die Personen, für die sie sich ausgeben.
Fake-Inserate können manchmal anhand kleiner Details erkannt werden. Die häufig aus dem Ausland operierenden Inserate-Fälscher kennen den Schweizer Wohnungsmarkt nur vom Internet. Eines der Fake-Inserate, das SRF Investigativ ausfindig machte, war auf einer deutschsprachigen Plattform auf Französisch verfasst, und die hinterlegte Telefonnummer war ungültig.
Auch ein Blick auf Steckdosen oder Heizkörper kann eine Fälschung entlarven: Manchmal entsprechen die Einbauten nicht der Schweizer Norm.
Ab und zu im Fake-Angebot: ein Gratis-Parkplatz. «Wer in Orten mit Wohnungsmangel wie Zürich, Genf oder Zug eine Wohnung sucht, wird niemals einen Gratis-Parkplatz dazu erhalten», sagt Customer-Care-Managerin Gerdy Ling. So ein Versprechen deutet auf ein Fake-Inserat hin.
Es gibt wiederkehrende Methoden, wie Wohnungs-Scammer ihre Opfer zu Vorauszahlungen bewegen. Einerseits die bereits erwähnte «Kaution zur Absicherung», falls jemand nicht zur vereinbarten Besichtigung auftauchen würde.
Andererseits die Kaution für den Wohnungsschlüssel, den sie zusenden würden, weil sie selbst nicht zur Besichtigung anreisen könnten. Die zuvor versprochene Rückzahlung erfolgt jedoch nie.
Auch die Pseudo-Buchung ist eine Scammer-Methode: Die Mieterin soll – ebenfalls als Absicherung – über eine bewährte Plattform wie Booking.com oder Airbnb die Wohnung für eine oder zwei Nächte buchen.
Nach der erfolgten Besichtigung werde die Buchung storniert, versprechen die Inserate-Fälscher. Der mitgelieferte Link zur Wohnung auf der angeblich sicheren Plattform führt aber auf eine gefälschte Webseite, der Betrag wird von der Kreditkarte sofort abgebucht.
Die Fake-Seite wirkt täuschend echt. Ein Blick auf die URL kann Aufschluss geben: Ist sie auffällig oder weicht von jener der echten Seite ab, kann dies ein Hinweis auf eine Fälschung sein.
Inserate-Expertin Gerdy Ling von Newhome warnt: Wenn die Vermieterin oder der Vermieter eine Geld-Überweisung im Voraus verlangt, ist es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Fake.
Auf den Spuren der Inserate-Fälscher
SRF Investigativ hat sich auf die Spuren der Inserate-Fälscher gemacht. Auf fast allen Schweizer Immobilienplattformen finden sich Fake-Anzeigen. Das Reporter-Team hat sich auf Fake-Wohnungen beworben und mit den Scammern Kontakt aufgenommen. So konnte eine digitale Spur bis nach Westafrika verfolgt werden.
Für die Opfer ist der Inserate-Scam einschneidend: Sie verlieren in vielen Fällen nicht nur tausende Franken, sondern auch das Vertrauen in ihre Mitmenschen. Die Scammer manipulieren ihre Opfer geschickt und erschleichen sich deren Vertrauen. Zwei Betroffene erzählen, wie sie auf die Inserate-Fälscher hereingefallen sind. Hier geht es zur Reportage von SRF Investigativ: