Das ist passiert: In Frankreich macht sich Empörung über den Tod eines 46-jährigen Videostreamers breit. Der Mann mit dem Künstlernamen Jean Pormanove oder kurz «JP» ist in Südfrankreich während einer mehrtägigen Liveübertragung gestorben. Zuvor soll er, wie dies in seinen Videos immer wieder vorgekommen sei, von weiteren anwesenden Streamern misshandelt worden sein. Die Übertragung lief auf der Plattform Kick.
Extreme Challenges für Aufmerksamkeit: Der Streamer mit Hunderttausenden von Followern nutzte verschiedene soziale Plattformen für Gaming-Übertragungen, unterzog sich dort aber auch freiwillig immer wieder extremen Challenges. Der Sender Europe1 verbreitete ein Video, auf dem andere Streamer Pormanove unvermittelt an Armen und Beinen festhalten und ihm über zwei Minuten die Atemröhre zudrücken, vorgeblich um einen neuen Rekord aufzustellen. Auch von Zuschauern wurde er demnach im Stream gedemütigt.
Die Plattform: «Kick gestaltet sich analog wie Twitch, also ein Ort, wo man Livestreams anschauen kann und alle Userinnen und User selbst irgendetwas zeigen können», erklärt SRF-Digitalredaktor Guido Berger. Wichtig sei dabei auch ein Chat, sodass Streamer und Publikum sehr stark miteinander interagieren könnten. Die Plattform verzeichne etwa zehn Prozent Marktanteil im Vergleich zu beispielsweise Twitch oder Youtube. «Kick versucht, Publikum und Streamer mit zwei Argumenten abzuwerben: Geld und Freiheit. Geld bedeutet, dass die Plattform deutlich weniger der Einnahmen der Streamer abzwackt. Und, dass sie viel weniger moderiert.»
Glücksspiel, Gewalt und Sex: Die Plattform spricht laut Berger ein Publikum an, das extremen Content konsumieren will. «Es gibt da Inhalte, die Grenzen überschreiten, sei es bei Online-Glücksspiel, Gewalt oder Sexualität.» Die wichtigste Inhaltskategorie sei aber Online-Glücksspiel. Denn hinter Kick stehe als Geldgeber «Steak» – ein australischer Krypto-Online-Glücksspiel-Anbieter. «Das Ziel ist, junge Männer über grenzüberschreitende Inhalte anzusprechen und sie dann Richtung Glücksspiel weiterzuschicken.»
Das sagen die Behörden: Aufgrund früherer Berichte von «Mediapart» Anfang des Jahres habe die zuständige Staatsanwaltschaft bereits an den Liveübertragungen Beteiligte vernommen und Pormanove und ein weiteres mutmassliches Gewaltopfer befragt. Beide hätten entschieden abgestritten, Opfer von Gewalt zu sein und von einer Inszenierung vor der Kamera gesprochen, mit der sie Geld verdienten. Jean Pormanove habe den Ermittlern gegenüber von monatlichen Einnahmen in Höhe von 6000 Euro gesprochen.
Das sagt Kick: Die Streamingplattform erklärte, dass sie den Tod bedauert. Man untersuche die Umstände mit höchster Dringlichkeit und arbeite mit den Behörden zusammen.
Plattform in der Pflicht: Guido Berger kritisiert Kick. «Wenn jemand so bewusst und so lange mit dem Feuer spielt und tatsächlich ein Brand ausbricht, dann klingt die Behauptung, das habe man nicht gewollt, schon etwas hohl.»