Der Italo-Schweizer Pietro Scalia gehört zu den grossen Namen der Filmbranche. Er wirkte bei beliebten Filmen wie dem Drama «Good Will Hunting» oder dem Römer-Epos «Gladiator» mit. Pietro Scalia ist aber kein Schauspieler und auch kein Regisseur. Der 58-Jährige ist Editor und damit für den Filmschnitt verantwortlich. Und das macht er äusserst erfolgreich. In seiner Karriere hat er bereits zwei Oscars gewonnen. Am vergangenen Donnerstag ist er auch in der Schweiz geehrt worden.
Pietro Scalia erhielt am Filmfestival Locarno den «Vision Award Ticinomoda». Mit der Siegesstatue in Form eines Leoparden ehrt das Festival jedes Jahr Filmschaffende, die dazu beigetragen haben, die filmische Vorstellungskraft zu erweitern. Scalia habe die Vision und Poetik von grossen Regisseuren gekonnt umgesetzt und damit den Filmschnitt auf ein neues Niveau gebracht, heisst es vonseiten des Filmfestivals Locarno.
Erfolgreiche Karriere entgegen aller Erwartungen
Pietro Scalia ist in Italien geboren und in den 60er- und 70er-Jahren in Aarau aufgewachsen. Schon früh wusste er, dass er in der Filmbranche arbeiten will. Doch bald schienen die Möglichkeiten in der Schweiz ausgeschöpft, und seine Liebe zum Film führte ihn in die USA.
‹Das kann man doch nicht!›, haben sie gesagt. Doch, doch, man kann das – wenn man es will.
Ende der 70er-Jahre stiess diese Entscheidung in der Schweiz auf wenig Verständnis. Scalia sagt: «Als ich ging und sagte, dass ich Filmemacher oder Regisseur werden will, haben sie mich komisch angeschaut – ‹Willst du auf den Mond? Das kann man doch nicht!›, haben sie gesagt. Doch, doch, man kann das – wenn man es will.»
Und dass er kann, hat Scalia allen gezeigt. Nach seinem Umzug in die Staaten begann seine steile Karriere. Er arbeitete zuerst viele Jahre als Editor und lernte dabei grosse Regisseure wie Oliver Stone, Ridley Scott oder Bernardo Bertolucci kennen und arbeitete eng mit ihnen zusammen.
Zwei Oscars für den besten Filmschnitt
Und diese Kooperation verlief äusserst erfolgreich. Zweimal erhielt Scalia einen Oscar für den besten Filmschnitt. Den ersten ergatterte er sich 1992 für «JFK», Oliver Stones Aufarbeitung des Mordes am US-Präsidenten John F. Kennedy. Dies war Scalias erster grosser Hollywood-Film, bei dem er als hauptverantwortlicher Editor agierte. Scalia sagt: «Ich war 31 Jahre alt, als ich den ersten Oscar bekam. Das habe ich überhaupt nicht erwartet.»
Auch für die Menschen der Filmwelt war Scalia eine Überraschung. Er erinnert sich: «Reporter kamen und fragten: ‹Wer bist du? Woher kommst du? Was hast du gesagt, du bist Schweizer? Oder Italiener? Oder Amerikaner?› Ich bin da wie ein Pilz aus dem Boden geschossen.»
Ich bin da wie ein Pilz aus dem Boden geschossen.
2002 gewann er für den Schnitt von Ridley Scotts «Black Hawk Down» seinen zweiten Oscar.
Ehre auch ohne eigenen Film
Scalia hat als Editor viel erreicht in Hollywood – doch ursprünglich ist er in die Traumfabrik gegangen, um selbst Filmemacher zu werden: «Ich hatte immer den Traum, dass ich selber einen Film machen und in Locarno zeigen kann.»
Einen Film kann Scalia an der diesjährigen Ausgabe des Filmfestivals nicht zeigen. Doch mit dem «Vision Award» im Gepäck geht er dennoch nicht mit leeren Händen nach Hause.