Ein Auftritt vor ungefähr 30 Zuschauerinnen und Zuschauern in Bern. Sängerin Nata Smirina und Produzent Ilya Misyura sind sich ein grösseres Publikum gewohnt. In ihrer Heimat spielten sie mit ihrer Band Pur:Pur früher auf grossen Bühnen. Ihre Heimat: die Ukraine. Früher: vor dem Krieg.
Die Flucht war eine Einbahnstrasse ins Nichts.
Seit April lebt das Paar in der Schweiz. In Aarau haben sie nach ihrer Flucht ein vorübergehendes Zuhause bei einer Familie gefunden. Obwohl sie froh sind, unversehrt in der Schweiz angekommen zu sein, plagen sie ab und zu Schuldgefühle. «Man meint, man habe kein Recht auf ein normales Leben, während deine Leute leiden», sagt Nata Smirina, «doch man sollte gegen dieses Gefühl ankämpfen, denn nur so kann man anderen Menschen helfen».
Kein Zurück für Ilya
Früher oder später wollen die zwei Musiker in die Ukraine zurückkehren. Doch das wird kein einfaches Unterfangen – insbesondere für Ilya. «Die Flucht war eine Einbahnstrasse ins Nichts», erklärt der 31-Jährige. Als gebürtiger Russe fühle er sich in der Ukraine nicht mehr willkommen. Und in Russland lande er möglicherweise im Gefängnis. «Aber ich will sowieso nicht zurück», sagt er bestimmt. «Ich möchte dort keine Steuern zahlen und so die Armee unterstützen.»
Seine Zukunft bereitet Ilya Misyura allerdings keine Sorgen: «Es ist nicht sinnvoll, sich den Kopf über die Zukunft zu zerbrechen, wenn diese so fragil ist. Deswegen lebe ich im Hier und Jetzt.»
Im Minimum an allen grossen Schweizer Festivals
Seiner Freundin Nata macht die momentane Situation in der Ukraine Angst. Aber auch die 38-Jährige lässt sich nicht unterkriegen – und hat ambitionierte Pläne: «Im nächsten Jahr sehe ich uns an allen grossen Festivals der Schweiz spielen. Im besten Fall sogar überall in Europa.» Ihr Traum ist es allerdings, wieder in der Heimat spielen zu können. In der Ukraine, auf den grossen Bühnen, wie vor dem Krieg.