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Polizei sucht verzweifelt Nachwuchs – wer schafft den Job als Cop?
Aus Impact vom 22.05.2024.
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Nachwuchsproblem Polizei: Die meisten Bewerbenden erfüllen Anforderungen nicht

Städtische Polizeien kämpfen trotz zahlreicher Bewerbungen mit Unterbesetzung. Sind die Anforderungen zu hoch?

Kai ist in der Polizeischule Hitzkirch stationiert und im siebten Monat der Polizeiausbildung. In zwei Wochen startet sein Praktikum im Kanton Basel-Stadt. Für ihn geht damit ein Kindheitstraum in Erfüllung.

Doch Menschen wie Kai gibt es laut verschiedenen Kantonspolizeien zu wenige. Gerade städtische Polizeikorps kämpfen seit Jahren mit Unterbesetzung. Am stärksten ist der Kanton Basel-Stadt betroffen, dort sind rund 100 Stellen unbesetzt.

Rekrutierungsprozess zu streng?

Bewerbungen gibt es in fast allen Kantonen zahlreiche, doch die meisten Bewerbenden erfüllen die Anforderungen an den Polizeiberuf nicht. Die Ablehnungsquote in den städtischen Kantonen liegt zwischen 70 und 90 Prozent.

Aspirant Kai in der Ausbildungshalle.
Legende: Aspirant Kai gehört zu den wenigen Bewerbenden, welche die Eignungsprüfung bestanden haben. Bereits sein Onkel war bei der Polizei in Berlin und hat ihn für die Ausbildung inspiriert. SRF

Nebst den formalen Anforderungen scheitern viele auch an der Eignungsprüfung. Ein häufiger Grund dafür sei laut verschiedenen Kantonspolizeien die ungenügende sportliche Leistung. Auch Aspirant Kai musste zweimal zur Sportprüfung, weil er den Ausdauertest beim ersten Mal nicht bestand.

Man muss kein Spitzensportler sein, aber auf die Prüfung sollte man sich sicher vorbereiten.
Autor: Andreas Sonntag Leiter Ressort Physis, Kantonspolizei Basel-Stadt

Im Kanton Basel-Stadt muss man nebst Hindernisparcours, Schwimmen und Liegestützen als Mann auch in 12 Minuten 2.6 km laufen. Für Frauen sind es 2.4 km. Die sportlichen Voraussetzungen sind kantonal unterschiedlich, jedoch vergleichbar.

Bei einer so hohen Anzahl offener Stellen und nur wenigen bestandenen Aufnahmeprüfungen kommt die Frage auf, ob die Anforderungen zu hoch sind. Nein, findet Andreas Sonntag, Leiter Ressort Physis, Kantonspolizei Basel-Stadt: «Als Polizistin oder Polizist kann es gut sein, dass man mal jemandem hinterherrennen muss. Da sind auch Hindernisse im Weg und dann sind Koordination und Stehvermögen gefragt.»

Auch Deutschkenntnisse ein Problem

Praktisch alle Deutschschweizer Kantonspolizeien nennen als Grund für die hohe Durchfallquote ebenfalls mangelnde Deutschkenntnisse.

Junge Menschen beherrschen die deutsche Sprache heutzutage nicht mehr so gut.
Autor: Kim Feldmann Leiterin Recruiting & Marketing, Kantonspolizei Basel-Stadt

Kim Feldmann, Ressortleiterin Recruiting & Marketing bei der Kantonspolizei Basel-Stadt, stellt fest, dass sich das Problem in den letzten Jahren verstärkt hat: «Wir und auch viele Kantone haben festgestellt, dass die jungen Menschen heutzutage die deutsche Sprache nicht mehr so gut beherrschen wie noch vor 10 bis 15 Jahren.» Sie empfiehlt Bewerbenden, die Defizite im Fach Deutsch haben, einen Vorbereitungskurs.

Polizeiberuf soll attraktiver werden

Viele Kantonspolizeien sehen die Gründe für den Personalmangel nicht bei den strengen Aufnahmebedingungen, sondern beim allgemeinen Fachkräftemangel und der demografischen Entwicklung. Der Verband Schweizerischer Polizei-Beamter VSPB fordert deswegen bessere Arbeitsbedingungen, um den Polizeiberuf wieder attraktiver zu machen.

Das fordert der VSPB

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  • Mehr Lohn
  • flexible Arbeitsmodelle
  • Mehr Budget seitens Politik
  • Mehr Wertschätzung und eine gute Fehlerkultur innerhalb der Polizei
  • Mehr Frauen in der Polizei, auch in Führungspositionen
  • Den bestehenden Mitarbeitenden Sorge tragen und dafür sorgen, dass sie weiterhin und gerne bei ihrer Arbeitgeberin arbeiten
  • Die Forderung nach adäquater Aus- und Weiterbildung.

Auch Aspirant Kai kann das mangelnde Interesse am Beruf nachvollziehen: «Dass man zum Beispiel in Schichten arbeiten muss und dadurch in anderen Lebensbereichen zurückstecken muss, ist wahrscheinlich ein Grund dafür, dass viele Menschen den Beruf nicht machen wollen.».

Das sagt die SRF Impact Community

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Legende: SRF

In einer Umfrage auf dem SRF Impact Instagram-Kanal mit rund 900 Teilnahmen können sich rund 71 Prozent eine Karriere bei der Polizei nicht vorstellen.

Zu den Gründen:

  • 43 Prozent: Kein gutes Bild von der Polizei
  • 23 Prozent: Zu viel Respekt von der Arbeit
  • 21 Prozent: Entspricht nicht meinen Fähigkeiten
  • 13 Prozent: Würde Prüfungen nicht bestehen

Gespaltene Wahrnehmung

Die Polizei wird sehr gespalten wahrgenommen. Während viele sehr dankbar für den Einsatz der Polizei sind, stehen andere der Polizei sehr kritisch gegenüber. Eine Auswahl:

  • «Ich bin sehr dankbar, gibt es sie und habe tiefen Respekt vor dem Beruf.»
  • «Hilfsbereit, aber teils nicht auf Themen sensibilisiert»
  • «Racial Profiling, Sexismus, auch den Arbeitskolleginnen gegenüber»
  • «Immer noch mein Freund & Helfer»
  • «Männlich, misogyn, diskriminierend, Machtspielchen»

Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten der Schweiz (KKPKS) sieht den Handlungsbedarf angesichts der steigenden Anforderungen an den Polizeiberuf ebenfalls nicht im Rekrutierungsprozess. Vielmehr sieht die KKPKS Handlungsbedarf bei den Arbeitsbedingungen, Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Arbeitsformen wie Teilzeit oder Home-Office, sowie aktiver Frauenförderung.

«SRF Impact»

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Sie sehen das Logo von SRF Impact.
Legende: SRF

So kompliziert und vielschichtig unsere Welt auch ist, wir wollen sie verstehen. Dafür gehen wir auf die Suche nach Antworten: In Reportagen tauchen wir ein in unsere Schweizer Gesellschaft und nehmen dich mit: Gib dir Deep Talk, Zweifel und Lichtblicke mit unseren Hosts Amila Redzic, Livio Carlin und Michelle Feer.

Alle Folgen «SRF Impact» sind auf Play SRF.

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SRF 4, 22.05.24, 16:30 Uhr

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