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Diskussion um das Reizthema «Gender»
Aus Club vom 30.05.2023.
Bild: Adobe / chrupka abspielen. Laufzeit 1 Minute 19 Sekunden.
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Queerfeindliche Angriffe Kann man Lehrer und Dragqueen sein?

Michel von Känel ist Lehrperson und macht einmal im Monat Drag. Er steht doppelt in der Schusslinie, wie er im Gespräch erzählt. Davon lässt er sich aber nicht unterkriegen.

Michel von Känel

Michel von Känel

Lehrperson und Dragqueen

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Michel von Känel ist Lehrperson an einer Oberstufenschule. Daneben steht er als Dragqueen «Paprika» vor Publikum. (Bild: Ronnie Zysset)

SRF: Was bedeutet Drag für Sie?

Michel von Känel: Die Freiheit, so aufzutreten, wie ich möchte. Frei zu sein und die Femininität zu zelebrieren. Denn in unserer Gesellschaft wird Femininität noch immer als etwas Schwaches dargestellt. Besonders bei Männern. Als Drag nehme ich meine Femininität und mache eine Stärke daraus.

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Michel von Känel über seinen Bezug zu Drag
Aus Club vom 30.05.2023.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 8 Sekunden.

Drag ist aber auch ein politisches Statement?

Dragqueens waren schon immer Gallionsfiguren der Pride-Bewegung. In der aktuellen Debatte werden wir instrumentalisiert von der Gegenseite, eben weil wir so politisch sind. Aus Drag wird ein Feindbild gemacht. Wir werden als böse dargestellt, weil wir mit Gender spielen. Damit sind wir genau das, was viele rechte Positionen nicht sehen wollen. Deshalb will ich klarstellen: Drag ist eine Kunstform. Wir sind keine Bösewichte, sondern friedliebende Menschen.

Sie sind Lehrer und müssen nach dem Lehrplan auch über Geschlechterrollen unterrichten. Wie machen Sie das?

Es ist wichtig, dass wir in der Schule darüber reden, weil jugendliche Queere und Trans-Jugendliche viel häufiger mit Mobbing konfrontiert sind, was die Suizidrate steigert. Um das Mobbing in Schach zu halten und Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen, braucht es Bildung. Als allererstes braucht es aber die Begriffe, damit wir überhaupt darüber reden können.

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Michel von Känel über Geschlecht und Rollen im Lehrplan
Aus Club vom 30.05.2023.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 6 Sekunden.

Ich würde diese Themen gerne vertieft behandeln, aber als queere Lehrperson stehe ich hier in der Schusslinie und tue mich schwer damit, mich an diese Themen so heranzuwagen, wie ich das gerne möchte, auch aus Selbstschutz. Die Kompetenz, respektvoll miteinander über Geschlechter diskutieren zu können, steht aber so im Lehrplan.

Haben sich bereits Eltern gemeldet?

Noch nie wegen des Unterrichts, aber wegen meiner Tätigkeit als Dragqueen. Ich bin keine Lehrperson, die die Kinder politisch beeinflussen möchte. Viele haben Angst, dass wenn ein Lehrer wie ich kommt, dass die Kinder alle schwul und lesbisch werden. Da kann ich sie beruhigen, ich bringe die Kinder noch nicht einmal dazu, ihre Hausaufgaben zu machen.

Steht die Schulleitung hinter Ihnen?

Ja, und das war mir auch sehr wichtig, als ich mir die Schule ausgesucht habe. Deshalb habe ich in meiner Bewerbung transparent gemacht, dass ich Dragqueen bin.

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Michel von Känel über den Schulalltag
Aus Club vom 30.05.2023.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 9 Sekunden.

Haben Sie schon viele Angriffe oder Diskriminierung erlebt?

Ich habe zum Glück noch nie physische Angriffe, hingegen aber viele verletzende Worte erlebt – auf den Sozialen Medien und auf der Strasse, da kommt Heftiges. Ich sage dann immer: «Das prallt an mir ab und da stehe ich drüber.» Aber manchmal sitze ich dann doch zu Hause und denke: «Wow, schon krass, dass ich nicht einfach durch die Strasse laufen kann, wie jeder andere Mensch auch.»

Sie müssen mit heftigen Reaktionen rechnen, warum sind Sie trotzdem im SRF Club aufgetreten?

Ich tat mich schwer damit, in die Sendung zu kommen. Ich habe von den Morddrohungen an der Sekundarschule in Stäfa im Rahmen des Gendertags gehört. Und weil ich als Lehrperson und als Dragqueen doppelt vom Thema betroffen bin, hatte ich Angst um meine Sicherheit.

Angst bringt mich nicht weiter.

Doch dann dachte ich: «Nein, ich lasse mich von diesen Stimmen nicht zum Schweigen bringen.» Ich hatte mein Coming-out mit 21. Ich bin da und es ist wichtig, dass ich Position beziehen kann. Das kann mir niemand nehmen. Angst bringt mich nicht weiter. Darum geht es mir als Dragqueen, aber auch als Lehrer.

Das Gespräch führte Barbara Lüthi.

Club, 30.05.2023, 22:25 Uhr;

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