Gleich zwei Zigaretten auf einmal zündet sich US-Sängerin Addison Rae in ihrem Musikvideo zu «Aquamarin» an. Und sie ist längst nicht die Einzige, die sich vor ihrem Millionenpublikum rauchend in Szene setzt.
Auch Model und GNTM-Gewinnerin Stefanie Giesinger peppte ein Mode-Shooting kürzlich mit Glimmstängel auf. US-Popstar Sabrina Carpenter wiederum inszeniert sich in ihrem Video zu «Manchild» performativ rauchend – die Zigarette dabei zwischen die Zinken einer Gabel geklemmt.
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Bild 1 von 6. Popstar Sabrina Carpenter zeigt sich auf Social Media gerne mit Zigarette – und inszeniert damit gezielt ein rebellisches Image. Ihre Reichweite ist enorm: Auf Instagram und Tiktok folgen ihr zusammen über 80 Millionen Menschen. Bildquelle: Instagram/cigfluencer.
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Bild 2 von 6. Auch das deutsche Model Stefanie Giesinger greift zur Zigarette, allerdings weniger privat als bewusst inszeniert: In einem Fotoshooting nutzte die 29-Jährige den Glimmstängel als provokantes Accessoire. Bildquelle: Instagram/stefaniegiesinger.
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Bild 3 von 6. Sängerin Addison Rae pafft im Musikvideo zu ihrem Song «Aquamarine» zwei Kippen gleichzeitig. Bildquelle: Instagram/addisonraee.
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Bild 4 von 6. Schauspielerin und Model Lily-Rose Depp, Tochter von Johnny Depp und Vanessa Paradis, gehört ebenfalls zu jener Generation von Stars, die das Rauchen in der Öffentlichkeit wieder salonfähig erscheinen lassen. Bildquelle: Instagram/cigfluencer.
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Bild 5 von 6. Ein weiteres Teenie-Idol ist Charli XCX. Die 33-Jährige greift nicht nur backstage, sondern auch mitten auf der Bühne regelmässig zur Zigarette. Auf Instagram und Tiktok erreicht sie damit mehr als 13 Millionen Follower. Bildquelle: Instagram/charli_xcx.
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Bild 6 von 6. Der Instagram-Account «cigfluencer» sammelt Fotos rauchender Stars. Popsängerin Sabrina Carpenter erscheint besonders häufig in seinem Feed. Bildquelle: Instagram/cigfluencer.
«Besonders spannend ist diese Ästhetisierung der Zigarette», sagt Christine Schäfer, Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut (GDI). «Die Stars bewerben Tabakprodukte nicht direkt, indem sie sagen: ‹Kauft Zigaretten!› Vielmehr wird Rauchen als Lifestyle inszeniert – die Zigarette dient als Accessoire.»
Das passe perfekt in die heutige Zeit, so Schäfer: Retro-Elemente aus den 1990er- und 2000er-Jahren seien modisch wie musikalisch wieder angesagt – die Zigarette füge sich da nahtlos ein.
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Bild 1 von 2. Nirvana-Frontmann Kurt Cobain wurde in den 1990er-Jahren häufig mit einer Zigarette in der Hand fotografiert – ein Bild, das bis heute untrennbar mit seiner rebellischen Aura verbunden ist. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 2 von 2. Unvergessen: Kate Moss, wie sie mit brennender Zigarette über den Catwalk zieht – ein Moment, der ihr eigenwilliges Image zementierte. Bildquelle: Getty Images.
Schon um die Jahrtausendwende stand die Zigarette nicht nur für Genuss, sondern auch für Verruchtheit und Rebellion. Neu ist heute vor allem die Reichweite solcher Bilder.
«Über soziale Medien erreichen diese Inhalte Jugendliche rund um die Uhr und passgenau», sagt Schäfer. «Studien zeigen: Je öfter man solchen Darstellungen begegnet, desto normaler wirken sie. Wenn dann auch noch Vorbilder diesen Lifestyle verkörpern, liegt Nachahmung nahe – ohne dass man sich lange fragt, ob das gut für einen ist.»
Jugendliche greifen wieder häufiger zur Zigarette
Die Folgen sind sichtbar: Laut «Sucht Schweiz» griffen in den letzten Jahren bereits 13-Jährige wieder häufiger zur herkömmlichen Zigarette. Gleichzeitig ist der Konsum von E-Zigaretten wie etwa Vapes stark angestiegen – insbesondere bei Mädchen. Die Lungenliga Schweiz spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung.
«Wir sehen es direkt bei unseren Schulbesuchen», sagt Claudia Künzli, Bereichsleiterin Prävention. «Immer mehr Jugendliche konsumieren Vapes. Durch ihr buntes Design lassen sie sich leicht verstecken – im Etui wirken sie wie Leuchtstifte und bleiben von Lehrpersonen oft unbemerkt.»
Gesundheitsorganisationen stossen an Grenzen
Nach Jahren intensiver Aufklärungsarbeit und rückläufigen Raucherzahlen stossen Gesundheitsorganisationen nun an ihre Grenzen. Zu hell ist die Strahlkraft der Stars, zu gross ihre Reichweite über die sozialen Medien.
Als Gegenmassnahme bleibt der Lungenliga derzeit nur eins: Das Vermitteln der Medienkompetenz: «Wir versuchen Jugendlichen aufzuzeigen, dass sie durch diese coolen Videos auch manipuliert werden», sagt Künzli. Jugendliche müssen lernen, Inhalte kritisch einzuordnen. Denn was auf Instagram oder in Musikvideos rebellisch und glamourös wirkt, bleibt in der Realität ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko.