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Reichsbürger-Bewegung Weshalb ist das «Königreich Deutschland» so gefährlich?

In Deutschland hat das Innenministerium das sogenannte «Königreich Deutschland» (KRD) verboten – es ist eine Gruppierung von Reichsbürgern und Selbstverwaltern. Es gab in Deutschland mehrere Razzien. Daniel Glaus, Fachredaktor für Extremismus bei SRF, ordnet die Bewegung ein.

Daniel Glaus

Fachredaktor Extremismus

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Daniel Glaus ist seit 2015 Inlandredaktor beim Schweizer Fernsehen, zu seinen Dossiers zählen Extremismus und Terrorismus. Zuvor arbeitete der Investigativjournalist beim Recherchedesk von «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche».

Warum stufen die Behörden das KRD und ihren selbsternannten König, Peter Fitzek, als so gefährlich ein?

Die Festnahmen erfolgten offenbar nach längeren Ermittlungen. Der Vorwurf ist klar: Das KRD sei eine kriminelle Vereinigung. Der Kern der Ideologie ist eigentlich, dass die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat sei. Man will also einen eigenen Staat aufbauen, mit einem eigenen Rechtssystem, mit eigenen Banken, Versicherungen, Ausweisen und auch einer Währung.

Aus Sicht der deutschen Behörden ist das verfassungsfeindlich. Sie schreiben zwar, dass das KRD keine eigentlich gewaltsamen Aktionen propagiere, aber gemäss der KRD-Verfassung sollen die «Untertanen» auch in Selbstverteidigung mit und ohne Waffen ausgebildet werden.

Wie ist das «Königreich Deutschland» zu verorten?

Das KRD muss man zum Kosmos sogenannter Reichsbürger und Staatsverweigerer zählen. Zu diesem Kosmos gibt es auch immer wieder Überlappungen und Verbindungen zu gewaltbereiten Rechtsextremen.

Welche Rollen spielen antisemitische Verschwörungserzählungen oder andere Ideologien bei dieser Gruppe?

Diese sind mit ein Grund, weshalb das deutsche Innenministerium die Gruppierung nun verboten hat. Es wird ein Gedankengut verbreitet, das den Staat, die Demokratie, die Institutionen verteufelt. Als Herleitung, warum das System so kaputt sei, werden auch klassische antijüdische Stereotype hinzugezogen: zum Beispiel, dass jüdische Clans die staatlichen Institutionen lenken würden. Es wird auch mit versteckten Botschaften wie dem Begriff der «Globalisten» oder der «Finanzelite» gearbeitet. Laut den Behörden verletzt das KRD die Würde von Jüdinnen und Juden.

Dem KRD werden auch wirtschaftskriminelle Aktivitäten vorgeworfen. Was ist darüber bekannt?

Bei den anderen Verfahren gegen die Vereinigung geht es um Untreue oder um illegale Bankgeschäfte. Offen ist beispielsweise ein Prozess gegen den selbsternannten König, Peter Fitzek. Er wird verdächtigt, 1.3 Millionen Euro von Anlegern veruntreut zu haben.

Diese ganze Ideologie ist sehr stark mit Geld verbunden. Die «Untertanen» glaubten scheinbar an dieses Versprechen, man könne aus dem bestehenden System aussteigen und in dieses Königreich einsteigen. Natürlich braucht es dafür Geld. Manche haben ihre Liegenschaften an das KRD überschrieben. Sie zahlten in eine neue Renten- und Krankenversicherung des KRD ein. Diese Institution hatte natürlich keinerlei Bewilligungen. Manche kauften mit Euro die frei erfundene KRD-Währung, die letztlich wertlos ist. Es geht also auch um Betrug und Abzocke.

Es gibt auch Verbindungen der Gruppierungen in die Schweiz. Was machen die hiesigen Behörden?

Reichsbürger und Staatsverweigerinnen – die sich nicht alle zum KRD zählen – sind vor allem für die öffentliche Verwaltung in der Schweiz eine zunehmende Belastung. Gerade Betreibungsämter oder auch Sozialdienste berichten, wie extrem aufwendig und mühsam einzelne von ihnen werden können. Diese Personen wenden jedes erdenkliche Mittel an, um Rechnungen nicht bezahlen zu müssen. Früher hätte man solche Personen vielleicht als Querulanten bezeichnet. Nur die wenigsten von ihnen sind aus Sicht von forensischen Psychologen gefährlich.

Bedrohungsmanagement schaut auf Staatsverweigerer in der Schweiz

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Seit dem Amoklauf in Zug 2001 haben die meisten Kantone ein Bedrohungsmanagement aufgebaut. Dieses soll helfen, wissenschaftlich fundiert zu eruieren, wer von diesen Menschen wirklich gewalttätig ist, wie SRF-Fachredaktor Daniel Glaus erklärt. «Dieses Netz, das in den letzten 20 Jahren in der Schweiz aufgebaut wurde, ist im Vergleich zu Deutschland engmaschiger und nach meinem Eindruck auch näher an den Menschen dran.»

SRF 4 News, 13.5.2025, 16.05 Uhr ; 

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