Über das geschäftige Treiben am Zürcher Paradeplatz und was sich hinter den Mauern der dort ansässigen Grossbanken tagtäglich abspielt, weiss Andreas Russenberger nur allzu gut Bescheid. 20 Jahre lang war er einer der Top-Banker, über die er nun in seinen Krimis schreibt.
In seinen Büchern mit der Finanzbranche abzurechnen, liegt dem 54-Jährigen aber fern. Er schreibe zwar beispielsweise über die Eitelkeit, die gerade im oberen Segment der Branche «wie ein Fegefeuer» herrsche. Aber: «Ich schreibe immer mit einem Augenzwinkern, weil ich einer von ihnen war.»
Steile Karriere hingelegt
Der gebürtige Appenzeller Pfarrsohn stieg nach seinem Geschichtsstudium bei einer Schweizer Grossbank ein. Innert weniger Jahre entwickelte er sich zum Topshot. Als Bereichsleiter der globalen Vermögensverwaltung hatte er über 300 Mitarbeitende unter sich und verwaltete Anlageprodukte im Wert von mehr als 100 Milliarden Franken für zahlungskräftige Kunden auf der ganzen Welt.
«Ich hatte eine super Zeit, durfte interessante Menschen kennenlernen und die ganze Welt bereisen. Doch nach 20 Jahren in der Branche musste ich etwas Neues ausprobieren, und ich wollte schon als Kind gerne Bücher schreiben», erklärt Andreas Russenberger.
Diesen Kindheitstraum hat sich Russenberger im Jahr 2017 erfüllt. «Die Kanzlerin» war sein Pilot-Thriller, darauf folgten die Werke «Paradeplatz» und «Bahnhofstrasse» – Krimis, die nach Zürcher Stadtgebieten benannt sind und sich eben auch mitten in der Limmatstadt abspielen.
Die Figuren, die Russenberger in seinen Büchern zum Leben erweckt, seien nicht autobiografisch geprägt. Aber sie würden ihm nahe stehen, wie zum Beispiel der Chef der Zürcher Kriminalpolizei, Armand Muzaton. Dieser würde manchmal auch zu ihm sprechen und etwa einfordern: «Hey Russenberger, gönn mir endlich eine Pause!» Oder im neuen Buch: «Du, ich hätte schon gerne auch einmal eine Freundin.»
Gewisse Wünsche erfülle ich meinen Figuren, andere nicht.
Russenberger liest einen Abschnitt aus seinem neuen Buch vor: «Armand spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss – ein untrügliches Zeichen, dass es ihm die Frau auf der anderen Seite der Theke angetan hatte. Er tat das, was er immer tat, wenn ihm etwas peinlich war. Er setzte sein leicht schiefes Lächeln auf, was seine Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Schauspieler Bruce Willis noch betonte.» Dann meint der Krimiautor schmunzelnd: «Tja, gewisse Wünsche erfülle ich meinen Figuren, andere nicht.»