Beim Sportholzfällen fliegen die Späne – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Im Trainingszentrum von Aigle im Kanton Waadt bereitet sich derzeit das Schweizer Nationalteam auf die Weltmeisterschaft vor. Sechs Athletinnen und Athleten trainieren dort mit Axt, Säge und einer guten Portion Adrenalin – denn es gilt das Holz so schnell und präzise wie möglich zu durchtrennen.
Angeführt wird das Team von Christophe Geissler. Der 13-fache Schweizermeister ist eine Institution in der Szene und ein Mann, der weiss, dass sein Sport von aussen oft gefährlicher wirkt, als er tatsächlich ist: «Ich bilde junge Menschen im Alter von zwölf bis vierzig Jahren aus. Mein vierjähriger Enkel hat auch eine kleine Axt. Wenn man die Sicherheitsmassnahmen beachtet, dann ist das für jeden machbar.»
Mein vierjähriger Enkel hat auch eine kleine Axt. Wenn man die Sicherheitsmassnahmen beachtet, dann ist das für jeden machbar.
Auf Zeit und mit höchster Präzision trainiert das Schweizer Team in vier Disziplinen, die sich an klassischen Forstarbeiten orientieren und entweder mit der Axt, der Handsäge oder der Motorsäge zu bewältigen sind. Jeder Handgriff zählt, ein Fehler kann Sekunden kosten. «Diese Kombination aus Kraft und Sorgfalt macht einfach riesig Spass», sagt der Forstingenieur und Schweizer Sportholzfäller Oli Reinhard.
Wucht und Balance
Ursprünglich stammt das Sportholzfällen aus Australien und Neuseeland, wo Holzfäller im 20. Jahrhundert wochen- und monatelang in einfachen Camps lebten. Die Arbeit war hart, die Abende lang. Aus der Langeweile heraus entstanden die ersten Wettkämpfe: Wer hackt schneller, sägt präziser, spaltet den Stamm mit den wenigsten Schlägen?
Was als Zeitvertreib begann, entwickelte sich über Jahrzehnte zu einem ernsthaften Leistungssport, der sich bis nach Kanada und in die USA ausbreitete.
Seit den frühen 2000er-Jahren gibt es auch in der Schweiz regelmässige Wettkämpfe. Rund 40 Aktive verteilen sich auf vier Vereine und messen sich national. International liegen die Schweizer im soliden Mittelfeld, mit Ambitionen nach oben – und einem Sinn für Nachhaltigkeit: «Nach den Wettkämpfen wird das Holz wiederverwertet, etwa zur Produktion von Biowärme», erklärt Teamleader Christophe Geissler.
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Bild 1 von 5. Im Teamwettbewerb verteidigt Australien den Weltmeister-Titel bereits fünf Jahre in Folge. Bildquelle: Getty Images/Thomas Niedermueller.
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Bild 2 von 5. An zwei Tagen treten jeweils 120 der weltbesten Athleten aus 20 Nationen an. Bildquelle: Getty Images/Thomas Niedermueller.
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Bild 3 von 5. Die Sportholzfäller messen sich in verschiedenen Disziplinen wie Stock Saw, Single Buck, Underhand Chop und Standing Block Chop. Bildquelle: Getty Images/Thomas Niedermueller.
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Bild 4 von 5. Das Team Deutschland holzte sich während der Heim-Weltmeisterschaften 2023 in Stuttgart auf den 13. Platz. Bildquelle: Getty Images/Thomas Niedermueller.
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Bild 5 von 5. Die Weltmeisterschaften im Sportholzfällen finden jährlich statt. Hier 2023 in der Porsche-Arena in Stuttgart. Bildquelle: Getty Images/Thomas Niedermueller.
Die Weltmeisterschaften im Sportholzfällen finden jährlich statt. Diesen Herbst werden sie am 24. und 25. Oktober in Mailand ausgetragen – zum ersten Mal in Italien. Rund 120 Athletinnen und Athleten aus 20 Nationen treten an, zunächst in Teams, dann als Einzelathleten. Australien verteidigt bereits seit fünf Jahren den Team-Weltmeistertitel und stellte bei der letzten WM in Frankreich zusätzlich zwei neue Weltrekorde auf.
Für die Schweizer heisst es nun: intensiv trainieren, Holz spalten, Technik verfeinern – und sicherheitshalber mal noch «auf Holz klopfen», in der Hoffnung auf eine Top-Platzierung. Denn auch wenn Präzision und Kraft im Sportholzfällen den Ton angeben: ein Quäntchen Glück gehört immer dazu.