Die 17-jährige Leana Kuster aus Männedorf ZH gehört zu den besten Naturfotografinnen der Welt. Ihr Flamingo-Bild hat es beim internationalen Wettbewerb «Wildlife Photographer of the Year» unter die besten 100 Aufnahmen des Jahres geschafft: in der Kategorie der 15- bis 17-Jährigen gar in die Top-Fünf.
Die prämierten Fotografien sind aktuell im Naturhistorischen Museum Basel zu sehen – die einzige Schweizer Station der weltweiten Wanderausstellung. Für die junge Naturfotografin ist es der bisher grösste Erfolg ihrer noch jungen Karriere – und sie hätte ihn beinahe selbst vereitelt.
Das Foto entstand 2024 während der Familienferien in der französischen Camargue – unter widrigen Bedingungen: «Es hat zwei Wochen am Stück geregnet, die ganze Zeit.» Gerade dies habe dem Bild jedoch seine besondere Eleganz verliehen, sagt Kuster.
Ich sah das E-Mail, ging aufs WC und begann zu weinen.
Die Teilnahme am Wettbewerb wagte sie jedoch erst auf Drängen ihrer Mutter, da sie selbst von ihrer fotografischen Ausbeute nicht restlos überzeugt war. «Meine Mutter fand dann, ich soll nicht immer so streng zu mir sein», so Kuster.
Die Nachricht über die Aufnahme in die Auswahl der 100 Besten des Jahres erreichte sie deshalb völlig unerwartet während der Arbeit: «Ich sah das E-Mail, ging aufs WC und begann zu weinen.»
Gut Klick will Weile haben
Leana Kuster fotografiert seit ihrem zehnten Lebensjahr. Damals durfte sie erstmals die Kamera ihres Vaters ausleihen. Und auch die Natur spielte in ihrer Kindheit eine zentrale Rolle – viele Stunden verbrachte sie im Garten ihres Grossvaters oder mit ihrer Familie beim Wandern.
Es ist wirklich ein Glückskick, den man bekommt. Ich zehre manchmal noch drei Tage später von diesem Gefühl.
Wann immer es ihre Lehre als Mediamatikerin zulässt, ist Leana Kuster heutzutage draussen unterwegs. Für sie braucht es nicht zwingend exotische Tiere – entscheidend sei der wache Blick und das Warten auf den perfekten Moment, um den Auslöser zu drücken.
Die Freude über ein gelungenes Bild macht alle benötigte Geduld wieder wett: «Es ist wirklich ein Glückskick, den man bekommt. Ich zehre manchmal noch drei Tage später von diesem Gefühl.»
Der Wettbewerb «Wildlife Photographer of the Year» gilt als weltweit bedeutendster Anlass der Naturfotografie. Seit 1965 wird er vom Natural History Museum London durchgeführt. Die diesjährigen 100 Siegerfotos wurden aus rund 60'000 Einsendungen aus über 113 Ländern ausgewählt.
Viele der gezeigten Werke entstanden unter enormem Aufwand: Ein Fotograf verbrachte zwei Monate mit einer Pinguinkolonie, ein anderer wartete zehn Jahre, bis ihm eine seltene Schabrackenhyäne endlich in die Fotofalle tappte. Letzterer gewann damit die Auszeichnung zum Naturfotografen des Jahres 2025.
Einblick in die Ausstellung «Wildlife Photographer of the Year»
-
Bild 1 von 9. «Ghost Town Visitor» – Wim van den Heever. Das Siegerfoto des diesjährigen Wettbewerbs. Die Aufnahme zeigt eine seltene Schabrackenhyäne, die sich durch Ruinen in Namibia bewegt. Der Fotograf wartete beinahe zehn Jahre darauf, ein Exemplar dieser seltenen Tierart mit seiner Foto-Falle ablichten zu können. Bildquelle: Keystone / Wim van den Heever.
-
Bild 2 von 9. «After the Destruction» – Andrea Dominizi. Diese Aufnahme gewann den Hauptpreis in der Nachwuchskategorie des Wettbewerbs. Das Bild zeigt einen Bockkäfer, der auf einer Baumrinde sitzt, während im Hintergrund ein Bagger erkennbar ist, der seinen Lebensraum zerstört. Die Aufnahme wurde als klare Botschaft zum Einfluss menschlicher Eingriffe gelesen. Bildquelle: Keystone / Andrea Dominizi.
-
Bild 3 von 9. «A Closer Look» – Hussain Aga Khan. Die zweite Schweizer Beteiligung unter den ausgewählten Fotografien. Der Genfer Fotograf Hussain Aga Khan hielt hier einen seltenen Boto-Flussdelfin im Amazonas fest. Die Art gilt als stark bedroht. Bildquelle: Natural History Museum / Hussain Aga Khan.
-
Bild 4 von 9. «Synchronised Fishing» – Qingrong Yang. Diese Aufnahme gewann die Kategorie «Verhalten: Vögel». An einem See gelang es dem Fotografen, eine dynamische Jagdszene festzuhalten: Ein Reiher verliert seine angestrebte Beute im letzten Moment an einen überraschend auftauchenden Frauenfisch. Bildquelle: Keystone / Qingrong Yang.
-
Bild 5 von 9. «Frolicking Frogs» – Quentin Martinez. Gewinner in der Sparte «Verhalten: Amphibien und Reptilien». Im dichten Wald Französisch-Guyanas fotografierte der Biologe und Fotograf ein eindrucksvolles Paarungsritual der Zwerglaubfrösche. Bildquelle: Keystone / Quentin Martinez.
-
Bild 6 von 9. «Wake-Up Call» – Gabriella Comi. Aufgenommen in der Serengeti zeigt dieses Foto eine Löwin und eine hoch giftige ägyptische Kobra, die sich über mehrere Minuten hinweg in einem starren Blickduell gegenüberstehen. Bildquelle: Keystone / Gabriella Comi.
-
Bild 7 von 9. «Caught in the Headlights» – Simone Baumeister. Die Aufnahme gewann die Kategorie «Natürliche Kunst». Eine Radnetzspinne sitzt hoch auf einer Fussgängerbrücke, während die Lichter der unten vorbeifahrenden Autos im Hintergrund leuchten. Bildquelle: Keystone / Simone Baumeister.
-
Bild 8 von 9. «Ice Edge Journey» – Bertie Gregory. Die Aufnahme zeigt eine Gruppe junger Kaiserpinguine, die am Rand eines hohen Eisschelfs entlangläuft und nach dem richtigen Punkt für ihren ersten Sprung ins Wasser sucht. Kurz nach dieser Szene wagten sie den mutigen Sprung aus rund 15 Metern Höhe. Bildquelle: Keystone / Bertie Gregory.
-
Bild 9 von 9. «Deadly Allure» – Chien Lee. Gewinner in der Kategorie Pflanzen und Pilze. Chien Lee verwendete für dieses Foto einer Kannenpflanze eine UV-Taschenlampe. Er wartete bis nach Sonnenuntergang und hatte nur ein Zeitfenster von fünf Minuten, bevor das Umgebungslicht, das den Hintergrund beleuchtete, vollständig verschwand. Bildquelle: Keystone / Chien Lee.
Die Aufnahme in die prestigeträchtige Riege der prämierten «Wildlife Photographers of the Year» hat Leana Kuster die Türen zu einem internationalen Netzwerk und zu mehr Sichtbarkeit geöffnet. Die Geschichte der 17-jährigen Männedörflerin zeigt damit insbesondere dem Naturfotografie-Nachwuchs, wie durch das Überwinden der eigenen Zweifel letztlich ein einziges Bild das Tor zu einer neuen Welt öffnen kann.