Es sei wichtig die Transparenz zu fördern und damit «Vertrauen in die Rechtspflege» zu schaffen, schreibt die Bündner Regierung in ihrer Antwort auf einen Vorstoss des CVP-Politikers Remo Cavegn.
Aber «nicht jedes öffentliche Urteil wird auch veröffentlicht.» Die Regierung ist der Ansicht, dass zwischen «öffentlichen, d.h. einsehbaren, und veröffentlichten, d.h. publizierten, Urteilen» unterschieden werden müsse.
Keine Stellung nimmt die Bündner Regierung zu der im Vorstoss geäusserten Kritik, dass «schriftliche Urteile der oberen Gerichte der Öffentlichkeit nicht bekannt gemacht werden, solange sie nicht rechtskräftig sind». Manche Begründungen würden so «für eine lange Zeitspanne der Öffentlichkeit vorenthalten». Das betrifft Urteile, die ohne öffentliche Verhandlung gefällt wurden.
47 Urteile, die nie einsehbar waren
Davon betroffen sind auch Urteile des Kantonsgerichts, die vom Bundesgericht korrigiert und damit nie rechtskräftig wurden. Wie ein Blick in die Jahresberichte zeigt, wurden in den vergangenen zehn Jahren (2005-2014) vom Bundesgericht 47 Urteile teilweise oder ganz umgestossen. Diese Urteile dürften aufgrund dieser Regelung für die Öffentlichkeit nie einsehbar gewesen sein.
Für die Bündner Regierung ist es weiter nicht notwendig, dass die Entscheide der Bezirksgerichte veröffentlicht werden. Der finanzielle Aufwand sei zu gross und inhaltlich seien diese erstinstanzlichen Urteile für die Rechtspraxis «vernachlässigbar».
Verwaltungsgericht kommuniziert offensiv
Keine Thema ist weiter die unterschiedliche Publikationspraxis der Bündner Gerichte ( siehe Beitrag vom 6. April 2016 ): Während das Verwaltungsgericht grundsätzlich alle Urteile publiziert – auch wenn der Fall weitergezogen wurde – beschränkt sich das Kantonsgericht auf rechtskräftige Urteile. Uneinheitlich ist die Praxis bei den Bezirksgerichten. Der Grosse Rat diskutiert voraussichtlich in der Juni-Session darüber, ob die Bündner Gerichte genügend transparent sind.