Von A wie Abtwil bis W wie Waltenschwil, von B wie Beinwil bis zu S wie Sins – das ist das Oberfreiamt oder amtlich gesagt der Bezirk Muri. 20 Gemeinden gehören zu dieser Region, Ende 2017 lebten rund 36'000 Menschen in dieser Gegend.
Sie gilt als landschaftlich sehr schön und bietet vielfältige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Die Menschen im Oberfreiamt sind stolz auf ihre Region.
Das Oberfreiamt hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. In vielen Gemeinden ist ein Bauboom zu beobachten. Im Bezirksort Muri stieg die Einwohnerzahl von 1990 bis 2017 von 5500 auf 7800. In der zweitgrössten Gemeinde Sins stieg die Bevölkerung von 2960 auf 4320.
Einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Region hat die Autobahn A4 durch das benachbarte Knonaueramt. Bundesrat Moritz Leuenberger eröffnete die neue Verkehrsader am 13. November 2009.
Die Autobahn bindet die Zentralschweiz, vor allem die Kantone Zug und Luzern, an den Grossraum Zürich an. Aber auch aus dem Oberen Freiamt ist man seither viel schneller in Zürich. Und umgekehrt sind auch die Zürcher schneller im Bezirk Muri. Sie tragen wesentlich zum Bauboom im Klosterdorf Muri bei.
In Sins lassen sich vor allem Neuzuzüger aus dem Kanton Zug nieder. Die Autobahn bringt dem Dorf mehr Durchgangsverkehr. Dadurch leidet die Wohnqualität an der wichtigsten Strasse, der Luzernerstrasse.
Im Dorf wird die Entwicklung unterschiedlich beurteilt. Gemeindeammann Josef Huwiler will die Verkehrsbelastung nicht wegreden.
Aber man habe Gegenmassnahmen ergriffen. Insbesondere die Südwestumfahrung , die bald realisiert wird, werde das Dorf vom Verkehr entlasten. Und das Bevölkerungswachstum sei nach einer grossen Spitze in den Jahren 2007/2008 nun wieder moderat, ja sogar ganz leicht rückläufig.
«Wir haben keine freien Wohnungen mehr», sagt der Ammann. «Wer in der Gegend eine Wohnung sucht, muss auf die Nachbargemeinden ausweichen.»
Mit den Neuzuzügern habe man ein gutes Einvernehmen. Sie seien gut integriert dank der fast 80 Vereine im Dorf, so der Ammann. Und viele davon würden sich auch politisch engagieren, zum Beispiel in Kommissionen.
Ich gehe gern in den Kanton Aargau hinunter.
Kritischer ist eine Passantin. Man kenne die Leute im Dorf nicht mehr, in den Vereinen würden die Neuzuzüger zu wenig mitmachen. Und der Verkehr sei eine grosse Belastung für das Dorf. «Wir müssen 10 Millionen an die Umfahrung zahlen. Wozu das? Diese dient nur den Auswärtigen, damit sie schneller in Zug und Luzern sind.»
Auch der Geschichtenerzähler, Schauspieler und Musiker Philipp Galizia aus Muri stellt fest, dass sich das Oberfreiamt verändert.
Man spüre die Auswirkungen der Autobahn A4: «Das Freiamt wird zu einem Agglo-Gebiet, von Muri nach Zürich, von Sins Richtung Zug-Innerschweiz. Viele Familien kommen her, um ein Nest zu bauen und Kinder gross zu ziehen. Nachher gehen sie wieder in die grosse Stadt.»
Galizia würde nie wegziehen aus Muri, wo er aufgewachsen ist. Er sei sehr gut vernetzt im Dorf. Er könne sich eigentlich kein besseres Leben vorstellen. Und überhaupt: «Das Freiamt ist ja geografisch gesehen das Herz der Schweiz. Von Muri aus geht man nach Luzern hinein oder nach Zürich rüber und nach Aarau hinunter.
Muri war schon ganz früh bestimmend für die Schweiz. Die Geschichtsschreiber waren nämlich Legastheniker. Es hätte nicht heissen sollen Uri, Schwyz und Unterwalden, sondern Muri, Schwyz und Unterwalden.»