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Frühlingssession Nationalrat legt Agrar-Reform auf Eis

Nach dem Ständerat sistiert auch der Nationalrat die Agrarpolitik 22+. Nun muss der Bund in einem Bericht nachbessern.

Das hat der Nationalrat entschieden: Knapp – mit 100 zu 95 Stimmen bei einer Enthaltung – sprach sich die grosse Kammer dafür aus, die Agrarpolitik (AP22+) zu sistieren. Der Nationalrat folgt damit dem Ständerat und der vorberatenden Kommission, die sich ebenfalls dafür ausgesprochen haben, das Geschäft auf Eis zu legen. Nachdem beide Kammern das Geschäft sistiert haben, dürfte die AP22+ Jahre später umgesetzt werden als geplant – der Bund schätzt Anfang 2025. Ergänzend zum Ständerat will der Nationalrat auch Auskunft über Fördermöglichkeiten für den Direktverkauf und über Massnahmen gegen das Verschwenden von Lebensmitteln.

Dieser Finanzrahmen wurde gesprochen: Der Nationalrat hat den Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft bewilligt. Dieser erstreckt sich über die Jahre 2022 bis 2025 und umfasst insgesamt rund 14 Milliarden Franken. Mit 144 zu 14 Stimmen bei 38 Enthaltungen – namentlich von Mitgliedern der SP und der Grünen – folgte der Nationalrat beim Zahlungsrahmen im Wesentlichen dem Ständerat. Mit Rücksicht auf das Budget brachte er aber eine Korrektur um 3 Millionen Franken an. Darüber entscheidet nun noch einmal der Ständerat.

So verlief die Debatte: Nach dem Ständerat in der Wintersession lieferten sich auch die Nationalrätinnen und Nationalräte in der Frühlingssession ein Pingpong mit emotionalen Voten. Während sich SP, Grüne und GLP vehement gegen eine Sistierung der Agrarpolitik stemmten, zählten die Bürgerlichen die ihrer Ansicht nach zig negativen Punkte der Vorlage auf. «Mir fällt auf: Man spricht hier im Rat viel von Agrarpolitik und will eigentlich doch nicht darüber reden», brachte es Nationalrätin Sophie Michaud Gigon (Grüne/VD) schliesslich auf den Punkt.

Man spricht hier im Rat viel von Agrarpolitik und will eigentlich doch nicht darüber reden.
Autor: Sophie Michaud Gigon Nationalrätin (Grüne/VD)

Für Zündstoff sorgte im zweiten Teil der Debatte der finanzielle Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft für 2022 bis 2025. Eine Minderheit bestehend aus GLP, SP und Grünen wollte den Zahlungsrahmen statt für vier Jahre lediglich für 2022 und 2023 bewilligen. Der Antrag blieb jedoch chancenlos.

Das beinhaltet die Agrarpolitik 22+: Der Bundesrat will mit seiner Agrarpolitik (AP22+) die Landwirtschaft auf mehr Tier- und Gewässerschutz trimmen. Zudem will er auf Bauernbetrieben mitarbeitende Ehefrauen und -männer besser sozial absichern und mit Bestimmungen zu Pestiziden und Nährstoffverlusten Anliegen der Trinkwasser- und der Pestizidverbotsinitiative aufnehmen.

Das bezwecken die Pestizid- und Trinkwasser-Initiative

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Über der Schweizer Landwirtschaft hängen aktuell zwei Damokles-Schwerter: die Pestizid- und die Trinkwasser-Initiative. Der Bundesrat will mit seiner neuen Agrarpolitik diesen Volksanliegen entgegenkommen.

Am 13. Juni kommen die Trinkwasser-Initiative sowie die Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide zur Abstimmung an die Urne. Die Trinkwasser-Initiative sieht vor, alle Subventionen für Bauern zu streichen, die synthetische Pflanzenschutzmittel oder Antibiotika zur Prophylaxe einsetzen. Die Pestizid-Initiative will grundsätzlich alle synthetischen Pflanzenschutzmittel verbieten.

Bis dahin wird eine intensive Debatte geführt werden über die schädlichen Auswirkungen der Landwirtschaft. Wenn die Initiativen angenommen werden, müsste sich die Schweizer Landwirtschaft schneller und grundlegender reformieren als je zuvor.

So geht es nun weiter: Vor dem Nationalrat hatte auch die kleine Kammer bereits verlangt, dass der Bund zunächst in einem Bericht eine Auslege-Ordnung machen soll. Konkret muss der Bundesrat nun in einem Bericht nachbessern, bevor eine Diskussion über gesetzliche Grundlagen zur künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik stattfinden kann. Dieser Bericht soll sich mit der Selbstversorgung, der nachhaltigen Lebensmittelproduktion und der Reduktion des administrativen Aufwandes für Betriebe befassen. Bis 2022 soll er vorliegen. Über den Finanzrahmen muss erneut der Ständerat befinden.

SRF 4 News, 16.03.2021, 08:00 Uhr ; 

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