- Das Parlament empfiehlt, die Initiative zum Verhüllungsverbot an der Urne abzulehnen.
- Als letzte parlamentarische Instanz fällte auch der Nationalrat diesen Entscheid. Er fiel mit 114 zu 76 Stimmen bei drei Enthaltungen.
- Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» verlangt, dass in der ganzen Schweiz niemand im öffentlichen Raum das Gesicht verhüllen darf.
Ausnahmen vom Verhüllungsverbot sieht die Initiative ausschliesslich aus Gründen der Sicherheit, der Gesundheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums vor. Ausserdem soll niemand eine Person zwingen dürfen, ihr Gesicht zu verhüllen.
Voten aus der Debatte:
Mit einem indirekten Gegenvorschlag , den die Räte in der Frühjahrssession bereinigt haben, soll die Kompetenz über Verhüllungsverbote bei den Kantonen bleiben. Allerdings sieht er vor, dass alle, die sich im öffentlichen Verkehr oder bei Behörden identifizieren müssen, die gesetzliche Pflicht haben, das Gesicht zu zeigen.
Hinter der Initiative steht das Egerkinger Komitee um den SVP-Nationalrat Walter Wobmann, das mit der Anti-Minarett-Initiative erfolgreich war.
Im Zentrum der Diskussion standen die Burka und der Nikab als Symbol des Islams. Die Voten im Rat zeigten, dass die Debatte über die Volksinitiative eine Debatte über Religion, Rechtsstaat, Freiheiten, umstrittene Kleidungsstücke und Frauenrechte ist.
Gegner bemängeln Eingriff in Kantonskompetenzen
Balthasar Glättli (Grüne/ZH) führte aus, wieso aus Sicht der Mehrheit der staatspolitischen Kommission die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen sei. So würden mit dem schweizweiten Verbot die Kantone in ihrer Kompetenz beschnitten, polizeirechtlich eigene Verhüllungsverbote zu beschliessen.
Auch die Menschen würden in ihren Grundrechten beschnitten, etwa in der Gewissensfreiheit. Auf der anderen Seite gebe es bereits den Tatbestand der Nötigung, der zur Anwendung komme, wenn etwa ein Ehemann seine Frau oder seine Tochter zum Tragen einer Burka oder eines Nikab zwinge. Auch um diese Thematik zu regeln brauche es daher kein schweizweites Verbot.
Zudem sei nicht mit dem von den Initianten vorgebrachten Sicherheitsgewinn zu rechnen. Terroristen würden sich ja nicht mit einer Burka oder einem Nikab verkleiden – und auch an Demonstrationen habe ein Verhüllungsverbot nicht dazu geführt, Vermummte von Gesetzesverstössen abzuhalten.
Befürworter sehen Frauenrechte gefährdet
Für die Initiative legten sich vor allem die SVP und grosse Teile der Mitte-Fraktion ins Zeug. Als die Frauen im Jahr 2016 in einer syrischen Stadt vom IS befreit worden sei, hätten sie ihre Schleier vom Gesicht gerissen, sagte etwa Barbera Steinemann (SVP/ZH). Das sei Freiheit gewesen für sie, Freiheit, welche tausende Frauen nicht gekannt hätten – und es sei der Beweis dafür, dass diese Frauen Burka und Nikab nicht freiwillig trügen.
Diese Körperverhüllungen seien ein Zeichen der Abschottung und der Minderwertigkeit der Frauen. «Sie führen Errungenschaften der Aufklärung und der Frauen ad absurdum und begraben alle Werte, welche in den letzten Jahrzehnten erkämpft worden sind», sagte Steinemann. Burka und Nikab hätten nichts verloren in einer Demokratie. Auf das, was den Frauen in den anderen Ländern passiere, habe die Schweiz keinen Einfluss. «Aber uns ist es nicht egal, wenn Frauen in der Schweiz so 'gehalten' werden», sagte Steinemann.