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10-Milliarden-Dollar-Klage Mexiko geht gegen US-Waffenhersteller vor

Mexiko hat elf US-Waffenhersteller auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt mindestens zehn Milliarden Dollar verklagt. Der Vorwurf: Die Waffenschmieden hätten enormes Leid in Mexiko verursacht, indem Waffen an Drogenkartelle oder andere Kriminelle in Mexiko verkauft würden. Die Klage werde wohl nicht viel bringen, sagt der Mexiko-Experte Günther Maihold.

Günther Maihold

Lateinamerika-Experte

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Günther Maihold ist stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP). Das Forschungsgebiet des Soziologen und Politikwissenschafters umfasst Lateinamerika, Spanien sowie die organisierte Kriminalität.

SRF News: Wie verbreitet sind Schusswaffen aus den USA in Mexiko?

Günther Maihold: Laut einer Untersuchung sind in den vergangenen zehn Jahren 2.5 Millionen Waffen aus den USA nach Mexiko gelangt. Darunter sind Kleinwaffen, aber auch automatische Waffen und grosskalibrige Schusswaffen. Das zeigt: Im Drogenkrieg zwischen den Kriminellen und den staatlichen Sicherheitsorganen ist stark aufgerüstet worden.

100 Morde – jeden Tag

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In Mexiko, wo rund 126 Millionen Menschen leben, werden nach jüngsten Zahlen im Schnitt fast 100 Morde am Tag registriert. Zudem gelten mehr als 90'000 Menschen als verschwunden.

Die Gewalt in Mexiko explodierte, nachdem der Staat Ende 2006 begann, den sogenannten Drogenkrieg militärisch zu bestreiten. Heute gibt es zahlreiche mächtige Drogenkartelle und andere kriminelle Gruppen, die oft Verbindungen zu korrupten Politikern und Sicherheitskräften haben. Die meisten Taten werden nie aufgeklärt. (sda)

Was erhofft sich Mexiko von der Klage gegen die US-Waffenhersteller?

Es ist ein politischer Schuss: Er soll zeigen, dass es ein Problem gibt, mit dem die beiden Regierungen nicht fertig werden. Indem die mexikanische Regierung jetzt eine Zivilklage gegen die Waffenproduzenten und -händler einreicht, versucht sie, diplomatisch weniger Schaden anzurichten. Doch es entsteht auch der Eindruck, Mexiko nehme sich jetzt auf juristischem Weg eines Themas an, das es bei der Kontrolle seiner Grenzen systematisch vernachlässigt.

Ist die Klage mehr als ein Zeichen der mexikanischen Regierung gegen die grassierende Waffengewalt im Land?

Sie versucht so, ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung zu bringen. Doch sie vermeidet dabei eine direkte Konfrontation mit den USA, indem sie sich bloss an die Waffenhersteller wendet.

Mexiko vermeidet eine direkte Konfrontation mit der US-Regierung.
Autor:

Die Klage ist wohl eher ein Zeichen an die Öffentlichkeit, als dass die Opfer von Waffengewalt in Mexiko tatsächlich mit Entschädigungszahlungen rechnen könnten.

In Mexiko wird auch der Ruf nach besseren Verkaufskontrollen für Waffen lauter – kann das etwas bringen?

In der Tat werden viele Waffengeschäfte an der Grenze zwischen den USA und Mexiko geregelt. Meist liefern US-Bürger die Waffen an die Grenze. In viele der Waffendeals sind Private oder Mittelsmänner involviert.

Wird die Klage also gar nichts bringen im Kampf gegen die Drogenkartelle und die gewalttätige Kriminalität in Mexiko?

Wenn man mehr Kontrolle über die Waffen und deren Handel haben wollte, müssten vor allem die USA die Kontrolle des Waffenbesitzes verstärken. Ausserdem müsste Mexiko seine Grenze besser kontrollieren, um den Waffenschmuggel eindämmen zu können.

Das Gespräch führte Raphael Günther.

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SRF 4 News, 06.08.2021, 06.40 Uhr ; 

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