Es ist ein herrschaftliches Haus, erbaut 1870 als privates Stadtpalais. Untypisch pompös für Schweizer Verhältnisse. Die grossen, repräsentativen Räume sind mit Holzparkett ausgestattet. Die Portraits vergangener Botschafter zeugen von der langen und bewegten Geschichte der Schweizer Vertretung in Berlin.
Der Bundesrat tat sich anfangs schwer mit dem Gedanken einer permanenten diplomatischen Vertretung in Deutschland. So entsandte er 1861 denn auch nur einen provisorischen Gesandten nach Berlin. Eine unglückliche Lösung, wie sich schnell zeigte. Der Gesandte warf nach gerade mal einem Jahr den Bettel hin und kehrte zurück in die Schweiz. Danach entschied sich die Schweiz für eine permanente Vertretung in Berlin.
Ein Stadtpalais für den Botschafter
Im Jahr 1919 zog die Schweizer Delegation ins neu erworbene Stadtpalais ein. Während des zweiten Weltkriegs amtete dort der bis heute umstrittenste Diplomat, Hans Frölicher. Altbotschafter Paul Widmer schreibt über Frölicher: «Er hatte den schwierigsten Posten zu versehen, den die Schweiz je zu vergeben hatte. Er musste freundschaftliche Beziehungen mit einem Verbrecherregime pflegen, von dessen Wohlwollen oder Duldung die Existenz der Schweiz abhing.»
Aber man könne ihm Vorwürfe nicht ersparen, so Widmer. Frölicher habe dem Bundesrat in den Kriegsjahren immer wieder empfohlen, den deutschen Forderungen nach grosszügigen Einschränkungen der Pressefreiheit in der Schweiz um des Überlebens willen entgegenzukommen. Nie hätte er zum Widerstand geraten.
Im Endkampf um Berlin blieb die Schweizer Botschaft weitgehend unversehrt. Die Schweiz gab die diplomatische Vertretung in Berlin mit Ende des Krieges auf. Für den Bundesrat war Deutschland kein souveräner Staat mehr, sondern bloss noch «eine geografische Bezeichnung».
Glamour und Skandal
Erst 1991, als Berlin wieder zum Regierungssitz wurde, kehrte auch die Schweizer Botschaft nach Berlin zurück. Das historische Gebäude wurde um einen modernen Neubau ergänzt. Und 1999 zog mit Botschafter Thomas Borer erstmals auch der Glamour in die historische Adresse.
Borer lud zusammen mit seiner Frau Shawne zu rauschenden Parties. Die ehemalige Miss Texas und der charismatische Botschafter zogen viel Aufmerksamkeit auf sich. Dann folgte der Skandal. Der SonntagsBlick berichtete mehrfach über eine angebliche Affäre Borers.
Es folgte eine wochenlange Schlammschlacht. Die Zeitung konnte für ihre Geschichte keine Beweise liefern. In der Folge musste sich der Ringier Verlag entschuldigen. Nach einem aussergerichtlichen Vergleich zahlte das Unternehmen Schmerzensgeld von über einer Million Franken an das Ehepaar Borer. Dennoch besiegelte dieser vermeintliche Skandal die Botschafterkarriere von Thomas Borer.
«Freundschaftliche Beziehung»
Solche Schlagzeilen blieben seither aus. Unterdessen amtet in Berlin die erste Frau als Botschafterin der Schweiz. Blickt man auf die letzten 150 Jahre zurück, erlebt sie eine entspannte Phase.
In der Jubiläumsschrift heisst es, die diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland seien in den 150 Jahren ihrer Existenz immer wichtig gewesen, aber nicht immer einfach. Heute aber seien die Beziehungen zum grössten Nachbarstaat ausgesprochen freundschaftlich.