Dreissig Jahre ist es her, seit der Öltanker Exxon Valdez vor der Küste Alaskas auf ein Riff auflief. Dabei gelangten über 40'000 Tonnen Rohöl ins Meer. In der Folge starben hunderttausende Vögel, tausende Seeotter und hunderte Robben. Exxon Valdez gilt als schwerste Ölkatastrophe in der US-Geschichte.
Und die Auswirkungen sind bis heute spürbar. Ein Forscherteam hat 32 Tier- und Pflanzenarten über die Jahre begleitet und untersucht, wie sie sich entwickeln. Das Ergebnis: «Die Hälfte der Arten leidet noch heute unter den Folgen des Unfalls», erzählt der deutsche Biologe und Greenpeace-Mitarbeiter Jörg Feddern.
Besonders betroffen ist die Hering-Population. «Die Heringe waren eine wichtige Einnahmequelle für die Fischer», erzählt Feddern. Der Bestand habe sich bis heute nicht erholt. Auch mit Folgen für die Nahrungskette: Die Population der Orkas, die teilweise von den Heringen abhängig ist, ist stark gefährdet. «Man geht davon aus, dass die Orkas in der Gegend in den nächsten Jahren komplett verschwinden.»
Viele Fischer nahmen sich das Leben
Die Fischer haben sich teilweise umorientiert oder sind weggezogen. Viele haben sich das Leben genommen, so Feddern. Denn der Katastrophe im Frühling 1989 folgten Querelen mit dem Konzern, weil die Fischer eine Entschädigung forderten. 5 Milliarden Dollar sollte Exxon bezahlen, doch der Konzern hat bis 2009 prozessiert. Vor dem Obersten Gerichtshof der USA erreichte er eine Senkung auf 500 Millionen Dollar. «Auch heute noch ein Skandal», sagt Feddern.
Beim Schiff Exxon Valdez lief vieles schief. Der Kapitän war nicht am Ruder und der Frachter verfügte nicht über eine Doppelhülle, wie sie heute vorgeschrieben ist. Fedderns Fazit: «Die Ölindustrie hat nicht viel aus dem Unglück gelernt.» Die US-Politik wurde aber aktiv. So mussten ab 1990 Tanker, die amerikanische Gewässer anfuhren, Doppelhüllen besitzen. Nach weiteren schweren Unglücken hat die Internationale Seeschifffahrts-Organisation schliesslich beschlossen, dass bis 2015 die letzten Einhüllen-Tanker vom Meer verschwunden sein müssen.
Gelangt das Öl erstmal in die Umwelt, wird es auch mit allergrösstem Einsatz nicht gelingen, grosse Mengen aus dem Meer zu beseitigen.
Heute hat jedes Schiff ein Signal, das weltweit verfolgt werden kann. So könnten Kollisionen verhindert werden, wenn man rechtzeitig eingreift. Doch Feddern gibt zu bedenken: «Man kann technisch viel verändern, die Crews besser ausbilden, über Satelliten Schiffe verfolgen. Das menschliche Versagen kann man aber nicht verhindern.» In den letzten zwanzig Jahren sei das Risiko für solche Tanker-Unfälle zwar gesunken, aber vom Tisch sei es nicht.
«Gelangt das Öl erstmal in die Umwelt, wird es auch mit allergrösstem Einsatz nicht gelingen, grosse Mengen aus dem Meer zu beseitigen», so der Kenner. Exxon hat nach dem Unfall mit 11'000 Menschen und 2 Milliarden Dollar über drei Jahre versucht, das Öl aus dem Meer zu entfernen. «Man hat es gerade einmal geschafft, 10 Prozent zu beseitigen.» Und der Prozentsatz ist manchmal gar noch kleiner: So etwa bei der Explosion der Ölbohrplattform Deepwater Horizon 2010. Damals konnten 5 Prozent des ausgelaufenen Öls herausgefiltert werden.
Der Greenpeace-Mitarbeiter ist überzeugt: Ein Unglück wie Exxon Valdez wäre auch 2019 noch möglich. Das ausgetretene Öl kann im Ozean über Jahrzehnte Schäden bewirken. Feddern fordert deshalb Ölindustrie und Politik auf, «wesentlich mehr zu tun, um Tankertransporte und Ölsuche sicherer zu machen – so lange wir vom Öl abhängig sind».