Das Wichtigste in Kürze
- Abidjan, die Hauptstadt der Elfenbeinküste, ist am Mittwoch und Donnerstag Austragungsort des 5. Gipfeltreffens der Afrikanischen Union und der Europäischen Union.
- Zum ersten Mal wurde ein Land in Subsahara-Afrika als Austragungsort gewählt. Eine Region, die täglich tausende junge Menschen verlassen, weil sie keine Zukunft sehen.
- Deshalb steht der Gipfel unter dem Motto «In die Jugend investieren für eine nachhaltige Zukunft».
- In der Elfenbeinküste schaut man dem Treffen mit gemischten Gefühlen entgegen. Zu sehr entstehe der Eindruck, in Afrika würde man nur auf Geld aus Europa warten.
Mit einem strahlenden Lächeln begrüsst die 21-jährige Marie-Emilienne Adiko die Zuschauer ihres Videoblogs. Regelmässig erklärt die ivorische Politikstudentin in ihrer unkomplizierten und frischen Art Grundlagen der Politik und der Demokratie. «Wie kann man der Jugend die Hoffnung zurückgeben?
«Wir brauchen eine bessere Staatsführung. Die Bemühungen müssen von den afrikanischen Regierungen kommen, die sich besser für ihre Bevölkerung einsetzen sollten. Das wiederum schafft eine starke Ökonomie und Stabilität im Land. Die grössten Anstrengungen müssen erst einmal aus Afrika kommen», sagt sie.
Es ist wichtig, dass jeder wählen geht und sich die Konzepte der Politiker genau anschaut. Sie bestimmen doch über unsere Zukunft.
Adiko wünscht sich, dass die junge Bevölkerung die Politik in ihrem Land revolutioniert. Doch die meisten kennen weder ihre Rechte noch Pflichten als Staatsbürger. Deshalb geht sie auf die Märkte und spricht mit jungen Frauen über Bildung, stellt politische Bücher vor und ermuntert junge Leute, sich für das Allgemeinwohl einzusetzen.
Sie sagt: «Es ist wichtig, dass jeder wählen geht und sich die Konzepte der Politiker genau anschaut. Sie bestimmen doch über unsere Zukunft. Und wenn sie im Amt sind, müssen wir ihre Entscheidungen kontrollieren. Da können wir zum Beispiel von Europa lernen. Europa könnte uns helfen, eigene Strukturen der politischen Bildung aufzubauen. Und das am besten in Zusammenarbeit mit unabhängigen nichtstaatlichen Organisationen.»
Adiko kämpft nicht alleine. Ihre Plattform nennt sich «Jeunesse Colibri». Sie vergleicht ihre Arbeit mit dem Kolibri, der als kleiner Vogel allein nicht viel ausrichten kann – im grossen Schwarm allerdings viel. Genauso wie Afrikas Jugend. Wenn sie sich einbringt, könnten sie gemeinsam stark sein.
Europa könnte uns helfen, eigene Strukturen der politischen Bildung aufzubauen.
Eine halbe Stunde ausserhalb von Abidjan. Hier hat Ben Aziz Konate vor zwei Jahren den Grundstein für seine Zukunft gelegt. «Das sind meine Legehennen. Diese sind jetzt sieben Monate alt und fangen an, die ersten Eier zu legen. Mit ungefähr einem Jahr werden sie geschlachtet und am gleichen Tag an die Kunden geliefert», sagt er.
Er schaut zufrieden auf seine tausend Hühner. Der 22-Jährige ist erfolgreicher Geflügelunternehmer. Dass er einmal ein eigenes Geschäft haben will, war ihm schon während seiner Ausbildung zum Buchhalter klar. Die Chance, in der Elfenbeinküste einen guten Job zu bekommen, ist minimal. So startete er mit 100 Euro und einem grossen Traum in die Selbstständigkeit.
Meine Vision ist, dass sich Afrika selbst ernähren kann. Das ist preiswerter, gesünder, besser für die Umwelt und schafft Perspektiven für die jungen Leute.
«Warum importieren wir gefrorenes Geflügel aus Europa? Das muss aufhören. Meine Vision ist, dass sich Afrika selbst ernähren kann. Das ist preiswerter, gesünder und besser für die Umwelt. Vor allem schafft es Arbeitsplätze und Perspektiven für die jungen Leute hier. Dann müssen sie nämlich nicht nach Europa gehen.»
20 Männer und Frauen arbeiten inzwischen für das Unternehmen von Konate. Sein Büro hat der junge Chef gleich neben dem Hühnerstall – abgetrennt durch eine Plastikplane. Er muss immer wieder improvisieren. Hausgemachte Probleme, sagt er. Dass junge Unternehmen von den Banken keinen Kredit bekommen, dass die Berufsausbildung veraltet ist. Konate gibt inzwischen selbst Seminare zur Geschäftsgründung
Afrika braucht Europa nicht, um sich zu entwickeln. Wir müssen hier erst mal selbst nachdenken und uns organisieren.
«Im frankophonen Afrika legen wir zu wenig Wert auf Unternehmertum. Wir bilden vor allem Angestellte aus, aber niemanden, der Werte und Reichtum schafft. Ehrlich gesagt, braucht Afrika Europa nicht, um sich zu entwickeln. Wir müssen hier erst mal selbst nachdenken und uns organisieren. Dann können wir eine Partnerschaft auf Augenhöhe anstreben. Europa ist uns technologisch weit voraus. Um die Industrialisierung in Gang zu bringen, brauchen wir sicher Hilfe. Aber beide Seiten müssen etwas davon haben», sagt Konate.
Noch kennen sich Ben Aziz Konate und Marie-Emilienne Adiko nicht persönlich. Doch bald könnten sich ihre Wege kreuzen. Beide sind für den «African Talents Award» nominiert. Eine Auszeichnung für Menschen, die die Jugend Afrikas inspirieren.