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Italien: Abbau beim Sozialgeld trifft die Ärmsten hart
Aus Echo der Zeit vom 26.01.2024. Bild: Keystone/AP Photo/Luca Bono
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Abschaffung des Bürgergelds Italien zahlt erstmals das neue Sozialgeld aus

Kein Euro Sozialhilfe mehr für bedürftige Alleinstehende: So wollte es Regierungschefin Georgia Meloni mit ihrer Rechtskoalition.

Massimilano Signifredi ist ein Freiwilliger von Sant-Egidio. Diese Organisation steht der römisch-katholischen Kirche nahe und hilft in Rom und anderswo Bedürftigen. Unter der Kürzung des Sozialgeldes litten vor allem Arbeitslose oder Betagte, die keine Familie haben:

«Alleinstehende bekommen ab heute keine Sozialhilfe mehr», so Signifredi. Das sei der grösste Unterschied zwischen dem ab heute geltenden und dem bisherigen Sozialgeld, dem sogenannten Reddito di Cittadinanza. Bedürftige Alleinstehende könnten nun ihre Bleibe verlieren und auf der Strasse landen, sagt Signifredi.

Bis Ende letzten Jahres hatte der italienische Staat auch alleinstehende Bedürftige unterstützt. Oft erhielten sie nur 300 oder 400 Euro im Monat, aber das reichte knapp für ein Dach über dem Kopf.

Wahlkampfversprechen mit Folgen

Giorgia Meloni und ihre Rechtskoalition hatten schon im Wahlkampf angekündigt, den vom Movimento Cinque Stelle eingeführten Reddito di Cittadinanza wieder abzuschaffen beziehungsweise drastisch zu beschneiden.

Neu erhalten nur noch Familien dieses Sozialgeld, die ein sehr tiefes Einkommen und zumindest ein Familienmitglied haben, das minderjährig, über 60 Jahre alt oder behindert ist. Der konservativen Regierung Meloni ist es wichtig, explizit Familien zu helfen. Andere gehen leer aus.

Allein in der Hauptstadt Rom leben etwa 8000 Leute – meist Alleinstehende – auf der Strasse, wie Signifredi berichtet. Gut die Hälfte dieser Obdachlosen seien Ausländerinnen und Ausländer, meist Flüchtlinge und Migranten. Knapp 50 Prozent aber seien Italienerinnen und Italiener, die durch alle sozialen Maschen fallen. Diese sozialen Maschen hat die Regierung Meloni nun noch loser geknüpft.

«Sieg über die Armut»

Ein Blick zurück: 2019 regierte in Italien Premier Giuseppe Conte mit seinem Movimento Cinque Stelle. Sie führten damals den Reddito di Cittadinanza ein, der auch an Vorgaben geknüpft war. Das Movimento Cinque Stelle feierte die Einführung des Reddito ausgelassen auf dem Balkon des Regierungspalastes und posaunte in die Welt hinaus, Italien habe endlich die Armut besiegt.

Armut in Italien
Legende: Ein Obdachloser auf dem Platz vor dem Mailänder Dom. Keystone/AP/Luca Bruno

Natürlich war das Propaganda, und die rechten Parteien unter Meloni machten sich nach ihrem Wahlsieg sofort daran, dieses Symbol der Cinque Stelle zu demontieren.

Bezügerliste auf einen Drittel geschrumpft

Die Zahlen sprechen für sich: Den Reddito di Cittadinanza erhielten zweitweise über eine Million Italienerinnen und Italiener, das neue  Sozialgeld von Meloni nur noch etwa 300.000. Unter dem Stich bleibt in der italienischen Sozialpolitik ein Hüst und Hott des parteipolitischen Kalküls. Massimilano Signifredi von Sant'Egidio mahnt zu mehr Weitsicht.

 Auch andere Sachverständige sagen, Italien brauche eine Sozialhilfe, in der das Kriterium der Familie viel weniger zähle. Denn auch in Italien sei die traditionelle Familie auf dem Rückzug – selbst wenn das die aktuelle Regierung ausblende.

Echo der Zeit, 26.01.2024, 18:00 Uhr

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